Reinigen mit Hausmitteln – Was verbirgt sich dahinter?

Verbraucherinnen und Verbraucher legen inzwischen viel Wert auf Nachhaltigkeit und stellen deshalb ihre Reinigungsmittel selbst her. Dabei greifen sie auf die Hausmittel Natron, Soda, Speiseessig, Zitronensäure oder Kernseife zurück. Das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft (KoHW) gibt einen Überblick über die chemischen Eigenschaften der einzelnen Hausmittel und zu ihrer Wirkung.

Aktualisiert am: 08.04.2024
Teilen Drucken
Person mischt eigenes Reinigungsmittel mit Zitronensäure an

Wie funktioniert die Reinigung?

Das Reinigungsergebnis ist ein Zusammenspiel aus vier Faktoren. Diese beschreibt der Sinnersche Kreis.
  • Zeit
  • Reinigungsmittel (Chemie)
  • Temperatur
  • Mechanik (Hilfsmittel, z. B. Bürste, oder Kraftaufwand)
Ein Kreis mit vier gleich großen verschiedenfarbigen Segmenten mit der Info Zeit, Mechanik, Reinigungsmittel, Temperatur

Alle vier Faktoren sind in einem bestimmten Verhältnis verantwortlich für ein 100-prozentiges Reinigungsergebnis, also gründliche Sauberkeit. Verändert man einen Faktor, müssen die anderen angepasst werden. Das heißt: Möchten Sie auf Reinigungsmittel verzichten, müssen Sie die Einwirkzeit von Wasser erhöhen oder mit mehr Kraftaufwand reinigen.

Aufgabe der Hausmittel im Reinigungsprozess

Auch die oft als "sanft" vorgestellten Mittel Essig, Essigessenz und Natron sind chemische Substanzen und übernehmen entsprechend des Sinnerschen Kreises ihre Aufgaben im Reinigungsprozess. Sie wirken entweder als Säure (Essig, Zitronensäure) oder als Base (Soda, Backpulver). Ein Mischen der Produkte kann zu chemischen Reaktionen führen. Beim Mischen selbst neutralisieren sich die Inhaltsstoffe. Das Mischprodukt enthält also nicht Säure und Base gleichzeitig, sondern es entsteht eine schwach basische Lösung.

Hausmittel und ihre Wirkung
Hausmittel
Inhaltsstoff
Reinigungswirkung
Vorsicht
Hinweis
Ungeeignet für ...
pH-Wert
Soda
Natriumcarbonat
starke basische Wirkung, fett- und eiweißlösend
ätzend für Haut, Schleimhaut und Atemwege, starke Reaktion beim Mischen mit Säure
mit Handschuhen arbeiten
aluminiumhaltige Oberflächen, Linoleum, tierische Fasern (Wolle, Seide), textile Bodenbeläge, Klebstoffe
11
Natron
Natriumhydrogencarbonat
schwache basische Wirkung, fett- und eiweißlösend
starke Reaktion beim Mischen mit Säure, nicht verwechseln mit ätzender Natronlauge
mit Handschuhen arbeiten
9
Backpulver
Natriumhydrogencarbonat und Dinatriumdihydrogendiphosphat
schwache basische Wirkung, fett- und eiweißlösend
starke Reaktion beim Mischen mit Säure
mit Handschuhen arbeiten
9
Kernseife
natürliches Tensid, aus Fettsäuren gewonnen
wirkt basisch, daher fettlösend
schleimhautreizend (Augen, Atemwege)
Augenkontakt vermeiden
7
Speiseessig
5-prozentige Essigsäure (flüchtige Säure)
kalklösend
schleimhautreizend (Augen, Atemwege)
Augenkontakt vermeiden, Handschuhe verwenden
Naturstein (z. B. Marmor oder Jurakalk), PVC-Beläge, Cellulose-Beläge, Kupfer- und Messingarmaturen
3
Essigessenz
15–25-prozentige Essigsäure
kalklösend
schleimhautreizend (Augen, Atemwege)
Augenkontakt vermeiden, Handschuhe verwenden
Naturstein (z. B. Marmor oder Jurakalk), PVC-Beläge, Cellulose-Beläge, Kuper- und Messingarmaturen
2
Zitronensäure
Zitronensäure
kalklösend
reizt Schleimhäute der Augen, aber nicht die Atemwege
Augenkontakt vermeiden
Naturstein (z. B. Marmor oder Jurakalk), PVC-Beläge, Cellulose-Beläge
2

Haben Hausmittel eine antikbakterielle Wirkung?

Auf einschlägigen Internetseiten gelten Hausmittel als antibakteriell. Mikroorganismen wachsen optimal bei einem pH-Wert zwischen fünf und neun. Das heißt, jedes Mittel, das diesen pH-Wert verschiebt, reduziert die Keimzahl auf der Oberfläche. Die entscheidende Frage ist aber: Wie hoch ist die Keimreduzierung und reicht das aus für eine desinfizierende Wirkung?

Von einer desinfizierenden Wirkung spricht man im Haushalt, wenn Keime um vier log-Stufen reduziert werden. (Eine log-Stufe beschreibt die Reduktion von Keimen um eine Zehnerpotenz. Eine log-Stufe: Verringerung auf 90 Prozent; zwei log-Stufen: Verringerung auf 99 Prozent; drei log-Stufen: Verringerung 99,9 Prozent; vier log-Stufen: Verringerung auf 99,99 Prozent usw.)

Mit der Frage, ob Hausmittel eine antibakterielle Wirkung haben, hat sich Prof. Dr. Benjamin Eilts mit Studierenden der Hochschule Albstadt-Sigmaringen auseinandergesetzt. Sie überprüften die Keimreduktion für die Mittel Zitronensäure, Essigessenz, Teebaumöl und Soda für den Haushalts- und den humanmedizinischen Bereich nach einem standardisierten Prüfverfahren.

Das Ergebnis zeigt, dass nur Zitronensäure in beiden Verfahren eine Reduktion aller Keime um vier log-Stufen erreicht. Essig erreicht diese nur für ausgewählte Keime im humanmedizinischen Bereich, nicht für den Haushalt. Soda erreicht die erforderliche Reduktion nach beiden Verfahren nicht.

Das bedeutet, dass eine ausreichende Keimreduktion mit Hausmitteln nur durch Zitronensäure erreicht werden kann. Wischen Sie daher den Kühlschrank zu Hause besser mit Zitronensäure als mit Essig oder Soda aus.

Enthalten Hausmittel Tenside?

Tenside sind notwendig, um die Oberflächenspannung des Wassers herabzusetzen und, um vor allem fetthaltigen Schmutz zu lösen. Bis auf Kernseife enthalten Hausmittel keine Tenside.

Beim Reinigungsvorgang sind Tenside wichtig, um Schmutz von der Fläche zu lösen, das Reinigungstuch sauber zu halten und den vom Tuch aufgenommenen Schmutz wieder gut auszuspülen. Beim Einsatz schlecht ausgespülter Mikrofasertücher können Schmutzreste im Tuch Kratzer auf den Oberflächen verursachen. Das Fehlen der Tenside kann sich also negativ auf das Material im Haushalt auswirken. Einige pflanzenbasierte Hausmittel wie z. B. Efeu, Kastanien oder Seifenkraut enthalten Saponine, die wie Tenside wirken.

Ist der Einsatz von Hausmitteln gesünder?

Einzelne Substanzen wie Soda oder Zitronensäure enthalten keine Duftstoffe. Das ist ein Vorteil, denn Duftstoffe können Allergien auslösen und sind in Kläranlagen nicht abbaubar. Viele im Internet auffindbare Rezepturen mischen allerdings verschiedene Hausmittel und geben diesen Mischungen Duftöle hinzu. Somit geht der Vorteil verloren.

Ein Blick auf die Produkttabelle zeigt, dass jedoch auch von Hausmitteln eine gesundheitliche Gefahr ausgehen kann. Essigsäure kann die Atemwege schädigen, Soda die Haut. Beide Produkte wären als Reinigungsmittel mit Gefahrenhinweisen deklariert (Gefahrensymbol: Ausrufezeichen).

Einige Rezepturen empfehlen, Efeu auszukochen. Die Saponine im Efeu erreichen zwar eine gute Reinigungswirkung, das Mittel selbst ist jedoch giftig und müsste im Handel mit einem Totenkopf gekennzeichnet werden.

Schonen Hausmittel Umwelt und Material?

Das Umweltbundesamt weist auf seiner Webseite darauf hin, dass sowohl die biologische Abbaubarkeit als auch die eingesetzte Menge des Produkts entscheidend sind für die Abwasserbelastung. Da für Hausmittel keine Dosiervorgaben existieren, ist deren Abwasserbelastung nicht bestimmbar. "Hausmittel" verleiten laut Umweltbundesamt eher zu einem übermäßigen Einsatz.

Eine falsche Anwendung der Mittel schadet sowohl der Umwelt als auch dem zu reinigenden Material. Essigsäure z. B. greift das Fugenmaterial der Wand- und Bodenfliesen an. Der Fugenmörtel zerfällt und muss früher erneuert werden. Ebenso hinterlassen Tropfen von Säure auf Natursteinböden helle Flecken.

In Kombination mit Kupfer oder Chrom bilden sich in Zusammenhang mit Essig grüne bzw. bläuliche Verbindungen, die nicht zu entfernen sind.

Fazit

Betrachten Sie die Reinigung immer ganzheitlich, nicht nur punktuell. Das beinhaltet das Schmutzlösen, die Keimfreiheit, die Nutzung des Reinigungstuchs usw. Überlegen Sie immer gut, was Sie mit der Reinigung erreichen möchten: Möchten Sie nur sichtbaren Schmutz entfernen oder auch Keime reduzieren?