Begleiten Sie Juliane Fuchs bei ihren Recherchen. Der Journalistin ist ein nachhaltiger Lebensstil wichtig. Da sie im Alltag auf Kita, Hotel-Übernachtungen und Außer-Haus-Mahlzeiten angewiesen ist, fragt sie sich, wie diese Einrichtungen Nachhaltigkeit umsetzen. Dabei ist sie auf das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft (KoHW) gestoßen.
Hauswirtschaftliche Fachkräfte erhalten aus den Podcasts wertvollen Input aus der Praxis zur Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen im eigenen Betrieb.
Nachhaltigkeit im hauswirtschaftlichen Betrieb – Einführung
Die Journalistin Juliane Fuchs möchte wissen, wie Kitas, Schulen, Seniorenheime oder Tagungshäuser Nachhaltigkeit umsetzen. Zu diesem Zweck führt sie ein Interview mit Edith Sichtar vom KoHW. Die Verantwortliche für das Thema "Nachhaltigkeit in hauswirtschaftlichen Betrieben" erklärt darin die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit und hebt hervor, dass Betriebe in ihren Entscheidungen stets zwischen ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten abwägen müssen. Viele Betriebe meistern diesen Balanceakt bereits sehr erfolgreich. Edith Sichtar stellt Beispiele aus der Praxis vor.
Juliane Fuchs im Gespräch mit Edith Sichtar (Projektmitarbeiterin, KoHW)
Zum besseren Verständnis haben wir die Texte sprachlich und grammatikalisch angepasst.
Juliane Fuchs (JF): Herzlich willkommen zum Podcast "Nachhaltigkeit im hauswirtschaftlichen Betrieb"! Nachhaltigkeit ist ein überall präsentes Thema. Mein Name ist Juliane Fuchs, ich bin Journalistin und interessiere mich für einen umweltbewussten Lebensstil. Um unseren Lebensstil in Deutschland aufrecht zu erhalten, bräuchten wir derzeit rund drei Erden. Das ist definitiv zu viel. Im privaten Bereich versuche ich bereits Verpackungsmüll zu reduzieren, öfter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren und im Haushalt Energie zu sparen. Ein Großteil meines Lebens findet aber im öffentlichen Raum statt: Ich esse in einer Kantine zu Mittag, übernachte häufig in Hotels und bringe meine Kinder täglich in die Kita. Ich habe mich gefragt: Verändern diese Betriebe eigentlich auch ihre Gewohnheiten, arbeiten sie ebenfalls nach nachhaltigen Grundsätzen? Ich bin auf Recherche gegangen und auf das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft gestoßen. Es unterstützt hauswirtschaftliche Betriebe wie Senioren- und Jugendheime, Tagungshäuser, Kitas und Schulen bei ihrem Bemühen, nachhaltiger zu handeln. Edith Sichtar betreut das Projekt "Nachhaltig unterwegs im hauswirtschaftlichen Betrieb". Ich treffe Frau Sichtar in ihrem Büro und spreche mit ihr über Nachhaltigkeit und über Maßnahmen, die hauswirtschaftliche Betriebe bereits umsetzen. Hallo Frau Sichtar! Edith Sichtar (ES): Hallo! JF: Frau Sichtar, Nachhaltigkeit ist ein großes Schlagwort. Was bedeutet das Wort denn eigentlich im Blick auf einen hauswirtschaftlichen Betrieb, der für die Versorgung und Betreuung vieler Menschen zuständig ist? ES: In der Hauswirtschaft ist es notwendig, sinnvoll mit begrenzten Mitteln umzugehen. Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter handeln daher seit jeher nachhaltig, indem sie Ressourcen schonen. Speziell im hauswirtschaftlichen Betrieb stellt die Nachhaltigkeit einen Dreiklang aus sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekten dar. In diesem Umfeld muss die Hauswirtschafterin bzw. der Hauswirtschafter Entscheidungen treffen. JF: Können Sie das noch etwas genauer erklären? ES: In der allgemeinen Diskussion verstehen wir unter Nachhaltigkeit vor allem die ökologischen Aspekte, wie z. B. das Einsparen von Verpackungen. Eine Hauswirtschafterin bzw. ein Hauswirtschafter muss aber auch ökonomische, also finanzielle Aspekte, im Blick behalten können. Sie bzw. er muss konkret überlegen, ob sich unverpackte Ware oder Mehrwegprodukte auch finanziell lohnen, damit der Betrieb wirtschaftlich gut aufgestellt bleibt. Bei diesen Überlegungen sollte sie oder er auch die sozialen Aspekte im Blick behalten. Dazu gehört z. B. die Mitarbeitermotivation: Mehrweggeschirr macht etwas mehr Arbeit, ich brauche Spüldienste. Die Frage wäre: Habe ich das Personal dazu oder müssen andere Personen deswegen Überstunden machen, werden unzufrieden und kündigen im schlimmsten Fall? Wir merken aber, dass hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allgemein sehr motiviert sind, ökologische Maßnahmen umzusetzen. JF: Da müssen Betriebe im Blick auf Nachhaltigkeit wirklich komplexe Entscheidungen treffen. Am Kompetenzzentrum Hauswirtschaft betreuen Sie das Projekt "Nachhaltig im hauswirtschaftlichen Betrieb". Braucht es ein solches Projekt, wenn Hauswirtschaft doch generell nachhaltig handelt? ES: Die hauswirtschaftlichen Leistungen sind in den letzten Jahren sehr stark nach ökonomischen Gesichtspunkten ausgerichtet worden. Daher ist es uns ein Anliegen, die ökologische Sicht mehr zu fokussieren und zu zeigen, dass auch hier Einsparpotential liegt, dass eine sichtbare ökologische Verbesserung zu mehr Kundenzufriedenheit und somit Kundenbindung beiträgt oder dass sich auch das Miteinander im Betrieb unter den Kolleginnen und Kollegen verbessert. Hier brauchen manche Betriebe ein paar Impulse. JF: Also für diese Impulse wurde dann das Projekt ins Leben gerufen? ES: Ja genau. Wir haben im Rahmen dieses Projektes zunächst einen Wettbewerb gestartet, weil wir sehen wollten, mit welchen konkreten Maßnahmen hauswirtschaftliche Betriebe bereits zur Nachhaltigkeit beitragen. Die Ergebnisse veröffentlichen wir nun nach und nach und möchten so anderen Betrieben Ideen und Hilfestellungen geben, ihr eigenes Angebot nachhaltiger umzugestalten. JF: Ok. Jetzt habe ich schon einiges erfahren. Nun interessiert mich aber, welche Maßnahmen setzen bayerische Betriebe denn aktuell um? ES: Sowohl Einzel- als auch Gesamtmaßnahmen. JF: Was bedeutet das? ES: Gesamtmaßnahmen sind auf das ganze Haus oder ein Konzept ausgelegt, bei Einzelmaßnahmen wird einfach mal ein einzelner Punkt umgestellt. JF: Ok, darauf bin ich gespannt. ES: Hier liegt der Fokus oft auf ökologischer Nachhaltigkeit, z. B. im Bereich der Verpflegung. Viele Betriebe greifen auf bioregionale und faire Lebensmittel zurück. Sie reduzieren Fleisch, indem sie z. B. eine vegetarische Vollverpflegung anbieten oder Veggie-Tage einführen, sie reduzieren Plastik- oder Lebensmittelabfälle, bestellen unverpackte Produkte, führen Tauschsysteme ein oder bestellen in Großgebinden. Andere Betriebe wiederum sparen Energie durch LED-Beleuchtung, Bewegungsmelder, oder energieeffiziente Geräte, sie nutzen Abwärme zur Trocknung oder vermeiden Energiespitzen. Auch in der Reinigung und Wäscherei gibt es gute Ansätze. Viele Betriebe haben auf automatische Dosiersysteme und ökologische Reinigungsmittel umgestellt oder sie nutzen bei Handtüchern spezielle Falttechniken. JF: Das klingt sehr spannend und vielfältig. Ich finde es gut, dass sich die Betriebe Gedanken machen. Eigentlich schade, dass da so viel Gutes passiert, von dem wir in der Öffentlichkeit gar nichts oder nur wenig mitbekommen. Gab es denn bei den eingesandten Beiträgen des Wettbewerbs auch Aspekte, die Sie vermisst haben? ES: Ja, z. B. den messbaren Aspekt. Viele Betriebe beurteilen den Erfolg nur nach einem subjektiven Gefühl. Ich finde es aber sehr wichtig, dass die Betriebe – wenn sie eine nachhaltige Maßnahme einführen – auch Auskunft dazu geben können, wie viel Energie, CO2, Geld, Wasser usw. sie tatsächlich eingespart haben. So machen sie ihren Beitrag zum Klimaschutz nach außen besser sichtbar. JF: Das kann ich nachvollziehen. Sind Ihnen noch andere Aspekte aufgefallen? ES: Insgesamt fällt auf, dass sich Menschen stark von Werbeaussagen leiten lassen. Sie denken, eine Maßnahme ist besonders nachhaltig, weil das Produkt das verspricht. Hier würde ich mir mehr Bewertungskompetenz wünschen. Und ein letzter Punkt: Mir wäre auch wichtig, dass Betriebe nicht nur Einzelmaßnahmen durchführen, sondern konzeptionell an das Thema Nachhaltigkeit im eigenen Betrieb herangehen. Quasi nach einem roten Faden handeln. Damit erreichen sie auf Dauer mehr. JF: Das mit dem Konzept ist ein guter Gedanke. Wie ich Sie einschätze, haben Sie einen Plan, um die Betriebe dabei zu unterstützen, oder? Geben Sie uns einen kleinen Einblick in Ihre Gedanken. Wie planen Sie, Ihre Erkenntnisse an die Zielgruppe zu bringen? ES: Das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft erarbeitet gerade eine Wissensplattform zu diesem Thema, außerdem erstellen wir Leitfäden und Checklisten für Betriebe, die auf nachhaltige Konzepte umstellen wollen. Dabei ist es uns wichtig, Betriebe an die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit heranzuführen – die ökologische, die soziale und die ökonomische Dimension. Auf unserer Internetseite stellen wir Best-Practice-Beispiele vor, bieten Zugang zu Faktenwissen und Studien und helfen bei deren Bewertung. JF: Ich muss sagen, dass ich heute im Gespräch mit Frau Sichtar viel erfahren habe. Ich bin beeindruckt, was Betriebe bereits alles leisten und hoffe, dass es Ihnen am KoHW – wie Sie das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft abkürzen – gelingt, viele weitere Betriebe zu motivieren, nachhaltige Gesamtkonzepte einzuführen. Frau Sichtar, haben Sie noch einen Appell an unsere Zuhörerinnen und Zuhörer? ES: Wir haben im Wettbewerb gesehen, dass es sich lohnt, sich als Verantwortliche in einem Betrieb gemeinsam zusammenzusetzen und zu überlegen, was man aktuell macht, wo man hin möchte und welche Schritte dazu nötig sind. Wir vom KoHW unterstützen Betriebe dabei gerne mit Informationen. Melden Sie sich bei uns: poststelle@kohw.bayern.de JF: Ich bedanke mich für diese wertvollen Einblicke und dafür, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg für die Zukunft!
Umweltmanagementsystem EMAS – ein Betrieb berichtet aus der Praxis
Juliane Fuchs fragt sich, woran sie nachhaltig handelnde Betriebe erkennen kann. Viele Betriebe arbeiten bereits sehr umweltbewusst, achten auf faire Bedingungen für Mitarbeitende und Lieferanten, machen dies jedoch nach außen nicht sichtbar. Neben einfach umsetzbaren kleinen Maßnahmen stellt Juliane Fuchs im Podcast die Münchenstift GmbH vor, die seit mehreren Jahren systematisches Umweltmanagement nach den Grundsätzen der EMAS-Zertifizierung (Eco Management and Audit Scheme) betreibt.
Juliane Fuchs im Gespräch mit Alexandra Boneff (Umweltbeauftragte im Münchenstift)
Zum besseren Verständnis haben wir die Texte sprachlich und grammatikalisch angepasst.
Juliane Fuchs (JF): Willkommen zu einer neuen Folge des Podcasts des Kompetenzzentrums Hauswirtschaft! Mein Name ist Juliane Fuchs, ich bin Journalistin und zur Zeit gehe ich der Frage nach: Was machen Kitas, Schulen, Tagungshäuser oder Seniorenheime, um Hauswirtschaft nachhaltig zu gestalten? Bei meinen Recherchen merke ich, dass es viele Personen gibt, die wahnsinnig engagiert sind. Aber leider ist das für mich nach außen oft nur schwer oder gar nicht zu erkennen. Das finde ich schade. Deshalb spreche ich heute mit Edith Sichtar vom Kompetenzzentrum Hauswirtschaft. Sie ist verantwortlich für das Projekt "Nachhaltig unterwegs im hauswirtschaftlichen Betrieb". Von ihr möchte ich wissen, wie hauswirtschaftliche Fachkräfte in Betrieben ihr nachhaltiges Handeln sichtbar machen können. Hallo Frau Sichtar! Edith Sichtar (ES): Hallo Frau Fuchs! JF: Frau Sichtar, Sie hatten im Rahmen des Projekts "Nachhaltig unterwegs im hauswirtschaftlichen Betrieb" bereits Kontakt zu einigen Unternehmen. Haben Sie aus diesen Erfahrungen heraus ein paar Impulse, wie beispielsweise Kitas, Schulen oder Unterkünfte, Gästen ihre nachhaltigen Aktivitäten aufzeigen? ES: Ja, da gibt es schon einige gute Dinge. Das beginnt oft mit kleinen Aktionen. So schreibt die Hauswirtschaftsleitung z. B. einen Brief an die Kita- oder Schul-Eltern und informiert über geplante Maßnahmen zur Nachhaltigkeit. Statt des Briefs kann z. B. auch ein Aushang erfolgen. Das habe ich schon mehrmals gesehen, wenn es z. B. darum geht, regionale Lieferantinnen und Lieferanten vorzustellen. JF: Ein Aushang ist mir auch schon einmal aufgefallen – im Gang eines Gästehauses, in dem ich letztens war. Dort hing es ein großes Plakat mit dem Foto einer Familie. Darunter stand: "Wir finden es spitze, dass es beim Frühstücksbuffet keine Portionspackungen mehr für Butter oder Marmelade gibt. Das spart sehr viel Plastikmüll ein!" ES: Ja genau. Solche Maßnahmen sind erste Dinge, um die Aktivitäten der Hauswirtschaft sichtbar zu machen. In diesem Zusammenhang fällt mir auch noch eine Einrichtung ein, die auf Social Media aktiv ist. Die Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter einer Kita posten regelmäßig Bilder aus ihrem Arbeitsalltag und machen so auf sich aufmerksam. JF: Den Kanal würde ich als Mama abonnieren. ES: Zusätzlich kann ich auf der Webseite meines Betriebs über meinen Aktivitäten berichten. Allerdings fällt uns am KoHW immer wieder auf: Hauswirtschaft wird ganz selten auf der Webseite eines Seniorenheims, einer Jugendherberge oder eines Tagungshauses erwähnt. Dabei ist es doch das hauswirtschaftliche Personal, das dafür sorgt, dass sich alle im Haus wohlfühlen, dass es sauber ist, dass die Wäsche gewaschen wird, dass das Essen schmeckt und immer rechtzeitig auf dem Tisch steht. Schade, dass diese Menschen nicht mehr in den Fokus gerückt werden. JF: Das stimmt tatsächlich. Wahrscheinlich ist das so wie zu Hause. Alles, was die Eltern machen, wird einfach als selbstverständlich vorausgesetzt und es fällt erst auf, wenn etwas schief läuft. ES: Manche Betriebe nehmen auch an Wettbewerben teil und hängen dann ihre Siegerurkunden im Haus auf. So sehen die Gäste, welche nachhaltigen Maßnahmen gerade umgesetzt werden. JF: Aber bei all diesen Maßnahmen muss ich mich auf die Aussagen des Hauses selbst verlassen. Gibt es auch Zertifizierungen oder Siegel, an denen ich als Gast oder Kundin bzw. Kunde das nachhaltige Handeln sofort erkenne? ES: Manche Betriebe gehen das ganze Thema sehr professionell an, z. B. durch eine EMAS-Zertifizierung. EMAS wurde bereits 1993 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen und steht für "Eco Management and Audit Scheme". Wer das EMAS-Logo auf Werbematerial oder auf der Webseite verwendet, hält im Unternehmen klare Standards ein. EMAS hat eine eigene Website, auf der man die teilnehmenden Betriebe findet. Inzwischen sind es sehr viele geworden. Ich hatte kürzlich Kontakt zu einem EMAS-Betrieb, dem Münchenstift. Das ist eine Einrichtung mit 14 Alten- und Pflegeheimen in München. Am besten sprechen Sie über EMAS direkt mit dem Team vor Ort. Die können das besser erklären als ich. JF: Ich möchte zu EMAS mehr aus der Praxis erfahren und genauer wissen, was Unternehmen leisten, die dieses Zertifikat verwenden. Dazu treffe ich mich mit Alexandra Boneff in ihrem Büro im Münchenstift. Sie ist die dortige Umweltbeauftragte und Assistentin der Geschäftsführung. JF: Hallo Frau Boneff! Alexandra Boneff (AB): Hallo Frau Fuchs! JF: Ich bin schon sehr gespannt, was Sie Besonderes machen! Ich habe gelesen, dass Ihr Unternehmen seit 2022 EMAS-zertifiziert ist. Erzählen Sie doch mal! Welcher Grundgedanke hat Sie motiviert, mit der EMAS-Zertifizierung zu beginnen? AB: Ich persönlich achte sehr auf die Umwelt. Unsere Geschäftsführung denkt ähnlich und möchte sich ebenfalls für Ressourcenschonung und Umweltschutz einsetzen. Die ursprüngliche Idee war das Ziel der Stadt München, bis 2035 klimaneutral zu sein. Das Münchenstift ist eine 100-prozentige Tochter der Stadt. Also haben wir uns überlegt, wie wir das strategisch etablieren können und gemeinsam geschaut, was sich dafür eignet. Dabei sind wir auf EMAS gestoßen. JF: Ok. Jetzt habe ich schon einiges erfahren. Das klingt spannend. Geben Sie uns einen Einblick: Was ist EMAS und was bedeutet EMAS für Ihre Einrichtung? AB: Wir sind EMAS-zertifiziert und haben mit der Zertifizierung schon im Jahr 2020 beim Alfons-Hoffmann-Haus begonnen [eine Einrichtung des Münchenstifts]. EMAS ist ein Umweltmanagementsystem, das Unternehmen dabei hilft, Ressourcen intelligent einzusparen, Umweltaspekte rechtssicher und transparent umzusetzen und – und vor allem dadurch sind wir darauf gekommen – zu mehr Klimaschutz führt. Begonnen haben wir mit Alfons-Hoffmann-Haus, weil dort bereits ein "Green Care Projekt" vorhanden war – mit Gewächshäusern, eigenen Tieren und so weiter. Das Alfons-Hoffmann-Haus war dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen. Danach kam das Haus "Heilig Geist", jetzt als nächstes das Haus "Effnerstraße". Der Plan ist, dass wir das gesamte Münchenstift zertifizieren. JF: Die EMAS-Zertifizierung ist ja recht aufwendig. Würden Sie sagen, dass eine solche Zertifizierung für jedes Unternehmen geeignet ist? AB: Eine EMAS-Zertifizierung kann jedes Unternehmen umsetzen, denn bei EMAS gibt es eine festgelegte Struktur. Im Internet gibt es eine Anleitung, dort kann man sich Anregungen holen: "Wie setzt man EMAS um?", "Wie erstellt man eine Umweltpolitik?", "Wie macht man eine Umwelterklärung?", "Maßnahmenkatalog?", "Rechtssicherheit?". Je größer ein Unternehmen ist, desto aufwendiger ist es. Aber es ist nicht so, dass man gezwungen ist, etwas zu tun und es dann Strafzahlungen gibt, wenn man es nicht tut, sondern es ist ein Umweltmanagementsystem, zu dem man hingeführt wird, bei dem eine Auditorin oder ein Auditor kommt und Anregungen zum Nachbessern gibt, wenn etwas nicht optimal läuft. JF: Haben Sie schon konkrete Zahlen, z. B. wie viel CO2 Sie pro Jahr einsparen konnten? AB: Als der Ukraine-Krieg 2022/23 ausgebrochen ist, hat Herr Benker [ehem. Geschäftsführer] alle Häuser dazu aufgerufen, Energie zu sparen. Hier in der Hauptverwaltung wurden z. B. die Heißwasserleitungen abgedreht. Das hat – im Vergleich zu den Corona-Jahren mit hohem Energieverbrauch – tatsächlich zu einer Einsparung von ca. 1.500 Tonnen CO2 geführt. Ich bin auf die nächsten Abrechnungen gespannt, ob unsere Häuser weiterhin so gespart haben oder ob es mit dem Energieverbrauch jetzt wieder nach oben ging. JF: Welche weiteren Maßnahmen planen Sie für die Zukunft? AB: Neben der Beschaffung ist ein großer Hebel beim Umsetzen nachhaltiger Maßnahmen auch die Verpflegung. Also wo kauft man wie ein? Zudem planen wir weitere Maßnahmen zur Abfallvermeidung und möchten unsere Mitarbeitenden in diesem Bereich weiterbilden. Außerdem stehen Sanierungen unserer Häuser an. JF: Was ist Ihr Tipp: Wie setze ich eine nachhaltige Maßnahme am besten um? AB: Das Wichtigste ist, dass man die Leute abholt und Leute im eigenen Unternehmen findet, die für das Thema brennen und den Enthusiasmus weitertragen. Damit steckt man andere an. Ein "Überstülpen" "Wir werden jetzt nachhaltig", ohne dass jemand Lust darauf hat oder nicht weiß, was es bedeutet, wird nicht funktionieren. JF: Liebe Frau Boneff, vielen Dank für diese Tipps und dass Sie sich Zeit für das Interview genommen haben! AB: Gern geschehen.
Umstieg auf nachhaltige Arbeitskleidung – ein Blick hinter die Kulissen
Was hat eine Modenschau mit Arbeitskleidung zu tun? – Sehr viel, wenn man Mitarbeitende von nachhaltiger Kleidung überzeugen möchte. In dieser Podcast-Episode spricht Journalistin Juliane Fuchs mit Silvia Juckoff, der Einkäuferin der Münchenstift GmbH. Frau Fuchs erfährt, wie man Mitarbeitende für nachhaltige Kleidung begeistert und erfolgreich einbezieht. Zudem erhalten Sie in dieser Episode wertvolle Einblicke in den Beschaffungsprozess, Sie erfahren, welche Kriterien Sie bei Stoffen beachten sollten und wie hilfreich es ist, Lieferanten aktiv einzubinden.
Juliane Fuchs im Gespräch mit Silvia Juckoff (Einkäuferin, Münchenstift)
Zum besseren Verständnis haben wir die Texte sprachlich und grammatikalisch angepasst.
Juliane Fuchs (JF): Herzlich willkommen zu einer neuen Episode des Podcasts des Kompetenzzentrums Hauswirtschaft! Mein Name ist Juliane Fuchs, ich bin Journalistin und auf Recherche zum Thema "Nachhaltigkeit im hauswirtschaftlichen Betrieb". Inzwischen habe ich schon ein paar Einrichtungen kennengelernt und bin beeindruckt über die Vielzahl der Maßnahmen. Ich habe das Gefühl, Hauswirtschaft ist da schon richtig gut unterwegs. Heute tauche ich ein in das spannende Thema "Nachhaltige Textilbeschaffung". Es geht also um mein Lieblingsthema – Kleidung kaufen. Im Seniorenheim Münchenstift wurde neue Betriebskleidung eingekauft. Dabei hat das Münchenstift nachhaltige Kriterien zugrunde gelegt. Darüber spreche ich mit Einkäuferin Silvia Jukoff. Sie gibt uns wertvolle Einblicke, wie das Münchenstift diesen Prozess gemeinsam mit dem Pflegepersonal und den Lieferantinnen und Lieferanten gestaltet hat. Hallo Frau Juckoff! Silvia Juckoff (SJ): Hallo Frau Fuchs! JF: Wie war denn die Ausgangslage bei Ihnen am Münchenstift und wie kam es zur Idee auf nachhaltige Poolkleidung für das Pflegepersonal umzusteigen? SJ: Wir sind damals von der personalisierten Wäsche gestartet. Jeder Mitarbeitende hatte fünf Wäschestücke, manchmal sieben. Diese Menge hat aber nicht ausgereicht, da davon etwa ein Drittel im Schrank waren, ein Drittel auf dem Weg von oder zur Wäscherei und ein Drittel trugen die Mitarbeitenden am Körper. Also standen wir vor dem Problem: Wie kann man dem und den hygienischen Anforderungen an Poolkleidung gerecht werden? JF: Was bedeutet denn Poolversorgung bzw. Poolkleidung konkret? SJ: Poolversorgung bedeutet, dass Berufskleidung zentral zur Verfügung gestellt wird. Die Kleidung ist also nicht mehr im eigenen Spind mit eigenem Namen, sondern ist – sortiert nach Größe, Damen, Herren – in Fächern für jeden zugänglich. Und nachhaltig muss es auch noch sein. JF: Verstehe, und wo lag das Problem bei der bisherigen Berufskleidung? SJ: Es gab immer eine gewissen Fluktuation. Der Name des jeweiligen Mitarbeitenden war in die Kleidung eingestickt. Das ergab auch ein Problem bei Neueinstellungen: Die personalisierte Kleidung musste vorab schon vorhanden sein und das, obwohl gar nicht sicher war, ob die jeweilige Person den Dienst überhaupt antritt oder auf längere Zeit im Unternehmen bleiben möchte. Auch gab es, vor allem während der Corona-Pandemie, Schwierigkeiten in der Lieferkette: persönliche Kleidung wurde oft nicht rechtzeitig geliefert für die neuen Mitarbeitenden. So konnte es passieren, dass der einzelne Mitarbeitende manchmal keine neuen Sachen hatte. JF: Ja, das kann ich gut nachvollziehen, dass Sie diese Situation ändern wollten. Es ist nicht ideal, wenn Kleidung personalisiert ist und Mitarbeitende kurzfristig absagen oder ihre Kleidung nicht rechtzeitig bekommen. SJ: Und dieses Problem haben wir bei der Poolversorgung eben nicht. Jeder Mitarbeitende bekommt am ersten Arbeitstag eine Einweisung, wo die Sachen sind und die Hauswirtschaft hilft dabei, die richtige Größe zu finden. JF: Also, wenn ich das richtig verstehe, konnten Sie durch die Umstellung auf Poolware die Neubeschaffung von Arbeitskleidung pro Jahr reduzieren. Das ist schon ein nachhaltiger Aspekt. Was hat sich durch die Umstellung auf Poolware sonst noch verändert? SJ: Auch das Design vom alten Kasak hat sich verändert, der alte war schon 20 Jahre alt. Durch den Verzicht auf personalisierte Wäsche konnten wir Kosten einsparen. Diese Ersparnisse investierten wir in die Poolkleidung. Diese wurde aufgestockt. JF: Frau Jukoff, das sind sehr interessante Aspekte. Was ich mich an der Stelle noch frage, ist: Gibt es eine Möglichkeit die Namen der Pflegemitarbeitenden zu sehen, wenn die Kleidung nicht mehr personalisiert ist? SJ: Die Kleidung wird nur noch dem jeweiligen Haus zugeordnet. Zusätzlich haben wir für jeden Mitarbeitenden ein Namensschild. Wir haben die Namensschilder auch verbessert, zum Beispiel von S. Juckoff zu Silvia Juckoff. JF: Sie haben vorhin erwähnt, dass die Poolwäsche neu designt wurde und jetzt auch nachhaltigen Kriterien entspricht. Gab es vom Personal Bedenken, dass nachhaltige Berufskleidung zu "öko" aussieht? SJ: Nein, da wir den Weg aus einer anderen Richtung gegangen sind. In einem ersten Schritt haben wir uns überlegt: Was gibt der Markt her? Dann haben wir uns verschiedene Herstellerinnen und Hersteller angesehen, z. B. aus Skandinavien, die sehr modische Kleidung hatten. Dann haben wir eine Testgruppe mit Pflegepersonal aus verschiedenen Häusern erstellt und diese durfte dann über das Design entscheiden. Das Pflegepersonal war der Meinung, dass die Arbeitskleidung ihre Professionalität widerspiegelt, weshalb sie sich für Kasaks entschieden. Erst als diese Entscheidung gefallen war, haben wir beschlossen, einen nachhaltigen Kasak zu kaufen. JF: Beim Stichwort "Nachhaltigkeit" machen Sie mich jetzt neugierig! Wie setzen Ihre neuen Kleidungsstücke denn ökologische Kriterien um? SJ: Also unsere neuen Arbeitshosen sind zur einen Hälfte aus 100 Prozent recyceltem Polyester, zur anderen Hälfte aus "Cotton made in Africa". Cotton made in Africa ist ein nachhaltiges Siegel, also ein fair-gehandeltes Produkt. Der neue Kasak ist aus 50 Prozent Tencel und zu 50 Prozent aus recyceltem Polyester. Tencel hat bessere Eigenschaften als Baumwolle, was die Wärmeregulierung betrifft. Das ist für Pflegekräfte wichtig. Die Kombination Tencel und Polyester verliert nicht so leicht an Struktur. Der Kasak hat 195 g/qm Gewicht und behält das auch. JF: Aha! Ich habe gelernt, dass Nachhaltigkeit drei Seiten hat: die ökonomische, die ökologische und die soziale Seite. Gerade beim Kleidungskauf kommt die soziale Dimension stark zum Tragen. Wir lesen immer wieder, dass es schlechte Arbeitsbedingungen für Näherinnen und Näher in den Erzeugungsländern gibt. Ich gehe nicht davon aus, dass bei Ihren Textilien alle Produktionsschritte in Deutschland erfolgen können. Wie stellen Sie also faire Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette sicher? SJ: Durch den "respect.org"-Code. Jedes Produkt wird mit einem Barcode versehen. Mit dem Handy kann man den Barcode einscannen. Man sieht eine Weltkarte und kann sich dort in die verschiedenen Produktionsschritte einwählen, z. B. von der Weberei zur Färberei, zur Schneiderei, Näherei, zum Transport etc. Man erhält Fotos und Videos zu allen Produktionsschritten und es wird der Ort und der Name der jeweiligen Firma genannt. Damit ist die Lieferkette transparent gestaltet. JF: Die Idee mit dem Barcode finde ich gut. Das werde ich gleich mal ausprobieren! Und, wenn ich das richtig sehe, haben Sie neben den Kriterien für die Nachhaltigkeit auch Kriterien für das Design festgelegt. Wie kann ich mir den Abstimmungsprozess mit Lieferantinnen und Lieferanten und dem Personal vorstellen? SJ: Hierüber entschied ebenfalls das Testteam. Es dokumentierte viel über das Tablet oder Smartphone. Es gab ein Standard-Modell als Ausgangspunkt und daran haben wir dann weitergearbeitet. So meinte das Testteam z. B., dass die Handytasche größer sein müsste usw. Überholte Designelemente haben wir weggelassen. Die größte Schnittmenge hatte dann ein unifarbenes Modell. Zusätzlich gab es anfangs noch keinen Damenkasak. Den haben wir dann noch gemeinsam designt. Es gab einen Dreiklang, den wir erfüllen mussten: Gewebe, Schnitt und persönliche Ansprüche. JF: Welche Ansprüche hatte das Personal sonst noch? Und war es schwierig, allem gerecht zu werden? SJ: Gerade die persönlichen Ansprüche bildeten ein Spannungsfeld. So wollten die Mitarbeitenden den Kasak z. B. nicht über den Kopf ziehen, wenn sich eine Bewohnerin oder ein Bewohner übergibt, aber auch ein geknöpfter Kasak ist problematisch, da dieser aufgerissen werden könnte. Manche wollten einen modischen, kurzen Schnitt, wieder andere einen Schnitt über den Po. Zudem sollte die Kleidung langlebig und industriewäschetauglich sein und die Farbe sollte lange gut aussehen. JF: Das klingt spannend! Ich denke, diese Möglichkeit sollte es auch bei vielen anderen Produkten geben. Dann bleibt die Frage nach den Kosten. Sicher mussten Sie im Haus für mehr Geld kämpfen, um die nachhaltige Kleidung zu beschaffen, oder? SJ: Die Kleidung war wegen der hohen Abnahmemengen nicht teurer als die vorherige. Deshalb war der Kaufpreis der Kleidung gar nicht so entscheidend. Die Kosten entstehen erst durch die Wäscherei. Diese muss also energiesparend arbeiten, sodass man damit die Kosten senken kann. JF: Was würden Sie abschließend einem Unternehmen empfehlen, das mit dem Gedanken spielt, nachhaltige Berufskleidung einzuführen? SJ: Das Beschaffen nachhaltiger Textilien steht und fällt mit dem Reden. Es ist wichtig, vorher den Markt zu erkunden und mit Lieferantinnen, Lieferanten, Herstellerinnen und Herstellern zu reden. Diesen muss man die Erwartungshaltung klar machen. Zudem sollte man vertraglich regeln, worauf die Wäscherei achten muss. JF: Liebe Frau Juckoff, vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit und dass Sie diese wertvollen Erfahrungen aus der Praxis mit mir geteilt haben. Mir ist heute klar geworden, dass auch die Langlebigkeit von Textilien einen entscheidenden Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet, weil so weniger Müll anfällt.
Change-Management – Mitarbeitende mitnehmen
Nachhaltige Vorgehensweisen in einem Betrieb einzuführen, bedeutet oft, gewohnte Abläufe zu verändern. Damit die Umstellung für die Mitarbeitenden stressfrei verlaufen kann, ist eine klare Strategie und effektives Change-Management seitens der Führungskräfte unerlässlich. Im Interview unterhält sich Journalistin Juliane Fuchs mit Christian Soldo vom Deutschen Jugendherbergswerk sowie Alexandra Boneff von der Münchenstift GmbH. Beide teilen ihre Erfahrungen und berichten, wie es ihnen in ihren Betrieben gelungen ist, Veränderungen erfolgreich umzusetzen.
Juliane Fuchs im Gespräch mit Alexandra Boneff (Münchenstift GmbH) und Christian Soldo (Deutsches Jugendherbergswerk)
Zum besseren Verständnis haben wir die Texte sprachlich und grammatikalisch angepasst.
Juliane Fuchs (JF): Herzlich willkommen zum Podcast "Nachhaltigkeit im hauswirtschaftlichen Betrieb" des Kompetenzzentrums Hauswirtschaft, dem Podcast für hauswirtschaftliche Fachkräfte. Mein Name ist Juliane Fuchs. Ich bin Journalistin auf der Suche nach guten Beispielen für Nachhaltigkeit in hauswirtschaftlichen Betrieben. Seit meinen letzten Recherchen habe ich hier in meiner Redaktion bereits einige Dinge angeregt, um nachhaltiger zu handeln. Zum Beispiel verzichten wir auf Einwegverpackungen so oft es geht, fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit und greifen in unserer Kantine zu regionalen und saisonalen Mahlzeiten. Allerdings habe ich bei meinem Engagement festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, Prozesse umzugestalten. Umso mehr beeindrucken mich die Berichte von Einrichtungen, die es geschafft haben, ihr Personal in diesem Prozess erfolgreich mitzunehmen. Solche Veränderungen in Betrieben nennt man auch Change-Management, also das Managen von Veränderungen. Ich möchte in meinen Gesprächen wissen: Wie ist es den Einrichtungen gelungen, ihre Hauswirtschaftsabteilung umzukrempeln bzw. nachhaltiger zu gestalten? Genau diese Frage stelle ich heute meiner Gesprächspartnerin Alexandra Boneff von der Münchenstift GmbH und meinem Gesprächspartner, Herrn Christian Soldo vom Deutschen Jugendherbergswerk per Videocall. Zunächst möchte ich Ihnen beiden die gleiche Frage stellen: Was ist Ihrer Meinung nach am wichtigsten, wenn man Veränderungen im Unternehmen umsetzen möchte? Frau Boneff ... Alexandra Boneff (AB): Das Wichtigste ist, die Leute abzuholen. Erst einmal muss man im eigenen Unternehmen Leute finden, die dafür brennen, die das gerne machen und dann mit diesen Leuten anfangen, die diesen Enthusiasmus weitertragen – egal, wie viele es sind. Damit steckt man dann andere an. Also so einfach überstülpen: "Wir werden jetzt nachhaltig.", ohne, dass einer Lust darauf hat oder nicht weiß, was das bedeutet, wird nicht funktionieren. Man muss die Leute abholen. Ich möchte, dass sie grundlegend informiert sind: Was ist eigentlich der Klimawandel? Was steckt dahinter? Warum werden wir [als Unternehmen] überhaupt nachhaltig? Das ist kein "Ihr müsst!", sondern ein: "Warum machen wir das eigentlich?" Das müssen die Leute erkennen – egal ob Pflegekraft, Hausmeisterin oder Hausmeister oder Verwaltungskraft. Und wo kann ich was tun – als Privatperson und im Unternehmen? JF: Ja okay, ich merke, man muss sich Gedanken um das Personal machen, sie einbeziehen, viel erklären, ihnen aber auch klare Vorgaben zur Orientierung geben. Schauen wir doch jetzt in einen anderen Bereich – zu den Jugendherbergen. Herr Soldo, was ist Ihr Tipp für eine erfolgreiche Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen? Christian Soldo (CS): Zum ersten muss ich analysieren: Wo stehe ich als Unternehmen und wo will ich realistisch hinkommen – in einem absehbaren Zeitraum. Dann muss ich klare, realistische Ziele formulieren, die erreichbar sind und diese kommunizieren. Alleine werde ich nichts bewegen und es wird ein Papiertiger sein, eine Willensbekundung, aber es wird nichts umgesetzt. Die Mitarbeitenden weiterbilden, mitnehmen, das Ziel erklären, das ich erreichen möchte und dann machen, tun, ... und das Ganze auch ehrlich machen. In dem Sinne: Nachhaltigkeit ist kein Marketinginstrument. Nachhaltigkeit – das muss einem bewusst sein – kostet Geld. Wenn Mitarbeitende keine Orientierung haben, wenn sie nicht wissen, wo soll das Unternehmen hingehen, dann verlieren sie auch das Interesse an diesem Unternehmen. JF: Ja, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich sehe Sie gehen sehr strategisch an das Thema heran und plädieren für klare Ziele und eine gute Kommunikation. Herr Soldo, Sie sind bereits seit acht Jahren in der Umsetzung, haben also den langen Anfangsprozess hinter sich. Wie sind Sie mit Widerständen umgegangen? Oder ist es Ihnen gelungen, Widerstände zu vermeiden? CS: Die Widerstände, die man hat, passieren in der Regel aus Befürchtungen, aus Unwissenheit, vielleicht aus Angst vor Mehrarbeit, die eigentlich bei jedem Veränderungsprozess mit sich gehen. Wichtig ist, dass man transparent ist, dass man die Mitarbeitenden mitnimmt. Wir haben bei unseren Führungskräften angefangen, die wir zu einer Führungskräftetagung mitgenommen haben. Da saßen wir mit 50 Leuten zusammen und jeder hatte ein anderes Verständnis von Nachhaltigkeit: 50 Leute, 50 verschiedene Interessen, 50 verschiedene Vorstellungen von Nachhaltigkeit. Und unsere Aufgabe war erst einmal, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, damit wir alle in die richtige Richtung laufen. Dieses gemeinsame Verständnis haben wir gefunden mithilfe der Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN, nämlich die SDGs, wovon wir von den 17 vorhandenen Zielen vier herausgepickt haben, bei denen wir sagen konnte, da können wir als Jugendherbergswerk einen Beitrag leisten. JF: Okay, dann hatten Sie die Führungskräfte im Boot, aber noch nicht alle Mitarbeitenden. Wie sind Sie weiter vorgegangen? CS: Wir haben – salopp gesagt – die Betroffenen zu Beteiligten gemacht. Wir haben ihnen vorgestellt, was wir wollen: Wir wollten ein nachhaltiges Unternehmenskonzept, wir wollten dies aber nicht am grünen Tisch entwickeln und allen überstülpen, sondern wir wollten es gemeinsam entwickeln. Denn ein solches Vorhaben ist zum Scheitern verurteilt ist, wenn man die Leute nicht mitnimmt. Bei dieser Führungskräftetagung 2017 haben wir uns zusammengesetzt, und in einem ersten Schritt geschaut: "Welche SDGs passen zu uns, auf welche wollen wir einzahlen?" Das war das SDG 4: "hochwertige Bildung", das war das SDG 10: "weniger Ungleichheiten", das SDG 12: "verantwortungsvoller Konsum und Produktionsmuster" und das SDG 13: "Maßnahmen zum Klimaschutz". Und aus all diesen Punkten ergeben sich sowohl für sämtliche Fachbereiche, die wir haben, als auch für die Jugendherbergen und die Mitarbeitenden vor Ort, Aufgaben, die auf diese Ziele einzahlen. Und durch dieses transparente Vorgehen ist es uns gelungen, den größten Teil der Mitarbeitenden mitzunehmen. Und "größtenteils" sage ich ganz bewusst, weil alle mitnehmen, das können Sie knicken, das funktioniert nicht. Aber wenn Sie den Großteil hinter sich haben, dann kann das System funktionieren. Und wie ich eingangs gesagt habe, genau durch diese Maßnahmen finden wir mittlerweile Mitarbeitende, die genau deswegen zu uns kommen. JF: Das heißt, Sie haben schon auf der Führungsebene sehr klare Ziele formuliert, haben versucht, alle mitzunehmen, waren aber auch bereit, sich von Mitarbeitenden zu trennen, die das neue Leitbild nicht mittragen wollten. Das geht beim heutigen Fachkräftemangel sicher nicht in jedem Bereich, sichert Ihnen aber auch das Personal, das genau darin den Wert seiner Arbeit sieht. CS: Exakt. Diejenigen, die massive Widerstände aufgebaut haben, haben wir nicht mehr. Die haben gesagt: "Nee, das passt dann einfach nicht mehr zu mir." und das ist auch vollkommen okay. JF: Ja, verstehe. Vielen Dank, Herr Soldo, für Ihre Erfahrungen. Blicken wir noch mal in den Bereich der Seniorenheime. Frau Boneff. Sie haben gesagt, es geht darum, geplante Maßnahmen zu erklären und die Leute abzuholen. Können Sie das an einem praktischen Beispiel verdeutlichen? Wie hat Erklären geholfen, eine nachhaltige Maßnahme im Münchenstift umzusetzen? AB: Das war im Alfons-Hoffmann-Haus [einer Einrichtung der Münchenstift GmbH] ganz interessant: Die haben eine große Müllpresse, die wir besucht haben. Da waren Kartonagen drinnen, Plastik drinnen, alles drinnen. Die Entsorgung für den Hausmeister war so einfach einfacher. Wir haben dem Team dann den Hintergrund erklärt, dass es z. B. auch mehr kostet, wenn man alles in die Müllpresse reinschmeißt, dass man Papier, Pappe trennen sollte, weil man es recyceln kann usw. Am Ende des Tages hat das Team vor Ort sogar Geld gespart. Auch bei den Glascontainern war es ähnlich: Die wurden einfach immer abgeholt, egal, ob die voll waren oder nicht. Und auf den Rechnungen stand dann "Leerfahrt". Ich habe das Team dann gefragt: "Wieso Leerfahrt?" und ihnen erklärt, dass das auch etwas kostet. Ich bat die Mitarbeitenden vor Ort dann darum, beim Entsorger anzurufen, wenn die Container voll waren und sie nicht einfach abholen zu lassen. Im Jahr 2019 hatten wir die erste CO2-Bilanz. Daran konnten wir auch die Effekte feststellen – zum Beispiel, dass der Abfall runterging oder die Häuser weniger Energie verbrauchten. Dann kam Corona. Das hat die Bilanzierungen natürlich zerschossen, aber man kann es den Leuten dennoch klar machen. Und dann kommt der "Aha-Effekt", dann kommen sie schon mit. Man muss es halt erklären, immer wieder erklären. JF: Und wie erklären Sie das Ihrem Personal? AB: Durch unsere EMAS-Häuser [ = Häuser, die nach dem Umweltmanagement-System EMAS zertifiziert sind] bin ich mit einem Vortrag getourt und bat die jeweiligen Hausleitungen darum, jemanden aus allen ihren (Arbeits-)Bereichen mit zu den Vorträgen zu nehmen und dann haben wir eine Frage-Antwort-Runde gemacht. Und das mache ich dann halt nächstes Jahr wieder usw., bis dann alle Häuser und deren Mitarbeitenden ausreichend informiert sind. Jetzt habe ich in allen Häusern sogenannte Umwelt-Teams: Zwei, drei Personen pro Haus sind die Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren, die sollen das an die Kolleginnen und Kollegen kommunizieren – das ist ein langsamer Prozess. Ich glaube nicht, dass das von heute auf morgen alle verinnerlichen. JF: Sie haben sich also auf einen längeren Prozess eingestellt, erklären selbst immer wieder, lassen aber auch Kolleginnen und Kollegen in den Gruppen vor Ort berichten. AB: Ja, und wenn es nur eine Person ist, die damit anfängt und dann andere rekrutiert, die ähnlich ticken, die sich dafür interessieren und die dann noch aus verschiedenen [Arbeit-]Bereichen sind, dann ist das natürlich super. JF: Herr Soldo, ist es Ihnen denn gelungen, alle mitzunehmen? Stehen inzwischen alle Mitarbeitenden hinter dem nachhaltigen Konzept? CS: Ja, wir sind da schon sechs, sieben, acht Jahre dabei. Somit hatten wir auch die Gelegenheit, die Mitarbeitenden mitzunehmen, die hinter dem Konzept stehen. Inzwischen haben wir tatsächlich auch Mitarbeitende, die deswegen zu uns gekommen sind, also die Phase, in der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr skeptisch waren, die haben wir schon hinter uns gelassen. JF: Vielen Dank, Frau Boneff und Herr Soldo für die spannenden Einblicke in Ihr Change-Management. Für mich ist auf jeden Fall hängengeblieben, dass das Einführen nachhaltiger Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn ich klar formuliere, worum es geht, wenn ich Mitarbeitende so weit wie möglich abhole und in den Prozess mit einbeziehe und wenn ich mir immer wieder Zeit zum Reden und Erklären nehme, um Ängste und Unsicherheiten abzubauen. Mal sehen, ob mir das auch in meiner Abteilung gelingt. Für Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, geht es in der nächsten Podcast-Folge praktisch weiter: Ich möchte mit Ihnen das Thema Abfallvermeidung betrachten und habe dazu Hauswirtschafterin Silvia Popp von der Evangelischen Montessori-Kita in Würzburg eingeladen sowie Sabine Finger vom Katholischen Kindergarten Sankt Elisabeth in Salz. Ebenso darf ich noch einmal Christian Soldo vom Deutschen Jugendherbergswerk begrüßen. Ich freue mich, wenn Sie wieder reinhören. Bis dahin. Tschüss!
Abfallmanagement in hauswirtschaftlichen Betrieben
Abfallmanagement bietet in vielen hauswirtschaftlichen Betrieben einen ersten Ansatz für mehr Nachhaltigkeit, um Ressourcenschutz sowie Recycling sicherzustellen und Geld einzusparen. Journalistin Juliane Fuchs besucht drei Einrichtungen und unterhält sich mit den Verantwortlichen über deren Abfallmanagement: Silvia Popp von der Evangelischen Montessori-Kita in Würzburg, Sabine Finger von der Katholischen Kita St. Elisabeth in Salz und Christian Soldo vom Deutschen Jugendherbergswerk.
Zum besseren Verständnis haben wir die Texte sprachlich und grammatikalisch angepasst.
Juliane Fuchs (JF): Herzlich willkommen zum Podcast "Nachhaltigkeit im hauswirtschaftlichen Betrieb" des Kompetenzzentrums Hauswirtschaft, dem Podcast für hauswirtschaftliche Fachkräfte. Mein Name ist Juliane Fuchs. Ich bin Journalistin auf der Suche nach guten Beispielen für Nachhaltigkeit in Betrieben. Dazu gehört auch das Abfallmanagement. Als Mutter bin ich in meiner Kita mit anderen Eltern im Arbeitskreis Müllreduktion aktiv. Trotz unserer Bemühungen fallen in der Kita immer noch jede Menge Abfälle an. Das sind, neben Essensresten, zum Beispiel Plastikbecher von Joghurt, Tetra-Paks von der Milch oder Plastikverpackungen von Getreide und Nudeln. Ich möchte erfahren, wie sich Abfälle reduzieren lassen. Bei meinen Recherchen bin ich auf das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft (KoHW) gestoßen. Dort habe ich erfahren, dass es bereits einige Kitas und Jugendherbergen gibt, die erfolgreich unverpackt einkaufen oder auf Tausch- und Pfandsysteme umgestiegen sind. Deshalb habe ich mich auf den Weg gemacht und drei Betriebe persönlich besucht. Den ersten Betrieb stelle ich Ihnen in dieser Podcast-Episode vor. (...) Ich stehe hier vor der evangelischen Montessori-Kita in Würzburg und freue mich darauf, gleich mit der Hauswirtschafterin und Küchenleiterin, Silvia Popp, über ihr Pfandsystem und die reduzierten Müllmengen zu sprechen. Hallo Frau Popp, schön, dass Sie sich heute Zeit nehmen. Silvia Popp (SP): Hallo! JF: Sie sind Hauswirtschafterin und Küchenleiterin hier in der Montessori-Kita in Würzburg und versorgen dort 85 Kinder sowie 20 Erwachsene. Wir haben vor ein paar Tagen telefoniert und ich weiß daher, dass Ihnen die Müllreduktion in der Kita ein großes Anliegen war. Was haben Sie konkret unternommen, um den Müll in Ihrer Kita zu verringern? SP: Bei uns in der Kita war es so, dass wir die Küche von Beginn an mit aufgebaut haben. Wir wussten also, für wie viele Kinder wir kochen. Und so konnten wir uns von Anfang an Gedanken machen, wie wir die Sache mit dem Müll am besten lösen. Und da die Menschen, die in der Küche mitarbeiten, auch ein Bewusstsein für Müllreduktion und Regionalität hatten, war es nicht so ganz so schwer, die Ziele zu verfolgen. Auch die anderen Einrichtungen der Kita haben sich Gedanken über Nachhaltigkeit gemacht und dann war es nicht so wahnsinnig schwer, Nachhaltigkeit in der Küche umzusetzen. Wir durften uns also von Anfang an Gedanken machen, wie wir wenig Ware und wenig Verpackung haben. Wir konnten also sofort in Großgebinden einkaufen und uns auch Gedanken zu großen Pfandbehältern machen und diese organisieren. Und regional zu kochen, war sowieso von Anfang an geplant. Genau. Und, dass möglichst wenig Ware unverpackt war, war sowieso in unserem Gedanken drin, weil wir einfach von Haus aus Menschen sind, die Umweltbewusstsein schon vorher gelebt haben. JF: Haben Sie konkrete Beispiele? SP: Also … man kann natürlich die Milch in Flaschen holen, da hat man schon mal Glas, aber man kann sie natürlich auch in großen Kannen holen. Da hat uns ein Lieferant dann diese Zehn-Liter-Kannen angeboten und dann haben wir uns natürlich dafür entschieden. Die Milch war von sehr guter Qualität und auch die Möglichkeit des Pfandsystems war attraktiv. Die großen Kannen können wir zurückgeben, Joghurt und Quark kommen in Fünf-Liter-Eimern und auch diese werden zurückgenommen und wieder benutzt. Die Eier kommen in einem großen Karton zu 180 Stück und auch der Karton wird wieder mitgenommen. Und bei den Großgebinden, die ich vom Großhändler bekomme, achte ich immer darauf, dass die Waren möglichst in Papiertüten verpackt sind, zum Beispiel die großen Säcke von Getreide und all diese Dinge. Und zum Beispiel auch passierte Tomaten: Die kann man so oder so kaufen – und wir haben uns für große Gläser entschieden oder auch Dosen, weil sonst hättest du so viel kleine Tetra-Paks, das wäre in unseren Augen einfach unmöglich. JF: Ja, das kann ich nachvollziehen. Wie haben denn die Lieferanten darauf reagiert? War es schwer, einen Lieferanten zu finden, der so etwas mitmacht? SP: Nein, im Prinzip ist es nicht so schwer gewesen, da wir durch unsere Bio-Zertifizierung eh nur Bio-Lieferanten haben und bei diesen ist, meiner Meinung nach, einfach ein anderes Bewusstsein und Verständnis dafür da. Und selbst wenn es nicht Bio ist, sagen die Leute auch, Verpackung kostet Geld, warum sollten wir mehr Verpackung verwenden als nötig? Ich bin zudem extra, um große Verpackungen zu bekommen, auf die Biofach [Messe für Bio-Lebensmittel in Nürnberg] gefahren, um mich umzuschauen. Und es gibt ja diese Vollkorn-Cornflakes in einer 375-Gramm-Packung mit einem Karton. Darin ist dann noch eine Plastiktüte und so weiter. Und ich wollte zudem noch die ungesüßten Cornflakes. Und da habe ich mich gefragt, was ich im Betrieb mit so einer kleinen Menge Cornflakes soll? Also habe dann mich dann auf der Biofach umgeschaut: Wer kann mir einen Zehn-Kilo-Sack liefern? Und das war nicht leicht, muss ich sagen … Ich bin von Stand zu Stand gegangen und entweder waren die Cornflakes gesüßt, obwohl in Bio-Qualität, oder es waren keine Vollkorn-Cornflakes. Letztlich habe ich es dann aber doch geschafft, einen Lieferanten zu finden und war sehr froh und dankbar darüber. Viele andere Kitas haben es dann auch nachgemacht. Das fand ich auch schön. JF: Wow, großartig, dass andere Kitas Ihre Idee übernommen haben. Ich merke, dass – selbst wenn alle sich über die Beschaffungskriterien einig sind – trotzdem persönliches Engagement nötig ist und es manchmal dauert, bis sich etwas verändert. Ich möchte noch einmal auf das Thema Pfandsystem zurückkommen. In der Kita meiner Kinder bin ich in einem Arbeitskreis zur Müllreduktion aktiv. Hier waren wir uns wegen der Hygiene noch unsicher. Frau Popp, wie haben die Eltern denn bei Ihnen darauf reagiert? SP: Es kommt bei uns schon rüber, dass viele Eltern das sehr gut finden. Und Hygiene-Bedenken haben sie eigentlich keine. Weil das Gute bei uns ist, dass die Kinder, die eingewöhnt werden, ihre Eltern ja die ersten 14 Tage dabeihaben und dann sehen auch die Eltern 14 Tage lang, wie bei uns in der Küche gewurschtelt wird und wie wir arbeiten. Und die Küche ist ja offen und wir sind sehr, sehr sauber und sehr auf Sauberkeit bedacht. Extrem, weil wir wissen, es könnte sein, dass jemand irgendwie guckt und sagt: Wie sieht es denn hier aus? Abgesehen davon, dass wir eh kontrolliert werden, dass wir unsere Vorgaben haben und diese auch streng einhalten. Aber es war nie ein Problem, im Gegenteil. Also ich glaube, dass sich da auch viel geändert hat, dass die Eltern inzwischen offen sind und auch dankbar sind für gutes Essen und auch für Nachhaltigkeit, weil sie es selbst oftmals nicht schaffen, so zu kochen und dann sagen sie, wenigstens in der Kita wird den ganzen Tag darauf geachtet. JF: Eine gute Idee, in diesem Bereich transparent zu arbeiten. Haben Sie denn auch ein paar Zahlen, wie viele Tetra-Paks Sie zum Beispiel durch das Pfandsystem einsparen konnten? SP: Also wir haben es mal bei der Milch berechnet. Hätten wir nicht diese Zehn-Liter-Mehrweg-Kannen, bräuchten wir im Jahr 1.248 Tetra-Paks schon mal allein für diese Milch. Dann beim Joghurt haben wir es ausgerechnet und beim Quark. Dann wären es 401 Liter Plastikbehälter. Und bei den Kleinen habe ich nichts berechnet ... Die wollten das zwar machen, dass sie uns so kleine Chargen liefern über das Schulmilch- und Schulobstprogramm, aber da haben wir uns wirklich auf die Hinterfüße gestellt und haben gesagt, das möchten wir unbedingt geändert haben, denn es ist dermaßen viel Abfall, das hält ja kein Mensch aus. Und wir mussten dann sogar den Anbieter wechseln, weil es nicht gemacht wurde. JF: Ja, ich merke, es braucht neben der persönlichen Motivation auch Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Vielen Dank, Frau Popp, für die wertvollen Erfahrungen, die Sie heute mit mir geteilt haben. SP: Sehr gerne. Wir freuen uns, wenn wir da jemandem etwas erzählen dürfen. Und das machen wir gerne. Danke. JF: Aus dem Besuch bei Frau Popp habe ich mitgenommen, dass es sich durchaus lohnt, Verpackungen zu reduzieren. Ganz gleich, für welchen Weg man sich entscheidet. Ob es der Einkauf in Großgebinden oder der Umstieg auf Mehrwegkannen ist – mit einfachen Maßnahmen lassen sich eindrucksvolle Ergebnisse erzielen. Das motiviert mich, in meiner Kita weiterzumachen. In der nächsten Episode werde ich die katholische Kita St. Elisabeth in Salz besuchen, wo Hauswirtschafterin und Küchenleiterin Sabine Finger uns Einblicke geben wird, wie sie und ihr Team ein Tauschsystem etabliert haben, um unverpackt einkaufen zu können. Tschüss und bis zum nächsten Mal.
Juliane Fuchs (JF): Herzlich willkommen zum Podcast "Nachhaltigkeit im hauswirtschaftlichen Betrieb" des Kompetenzzentrums Hauswirtschaft, dem Podcast für hauswirtschaftliche Fachkräfte. Mein Name ist Juliane Fuchs. Ich bin Journalistin auf der Suche nach guten Beispielen für Nachhaltigkeit in Betrieben. Dazu gehört auch das Abfallmanagement. Als Mutter bin ich in meiner Kita mit anderen Eltern im Arbeitskreis Müllreduktion aktiv. Trotz unserer Bemühungen fallen in der Kita immer noch jede Menge Abfälle an. Das sind, neben Essensresten, zum Beispiel Plastikbecher von Joghurt, Tetra-Paks von der Milch oder Plastikverpackungen von Getreide und Nudeln. Ich möchte erfahren, wie sich Abfälle reduzieren lassen. Bei meinen Recherchen bin ich auf das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft gestoßen. Dort habe ich gehört, dass es bereits Kitas und Jugendherbergen gibt, die erfolgreich unverpackt einkaufen oder auf Tausch und Pfandsysteme umgestiegen sind. Deshalb habe ich mich auf den Weg gemacht und diese Betriebe persönlich besucht. In der letzten Podcast-Episode habe ich die Evangelische Montessori Kita in Würzburg besucht. Mit dem Umstieg auf Mehrweg-Milchkannen konnte die Kita eine Menge Tetra-Paks reduzieren. In dieser Podcast-Folge spreche ich mit Hauswirtschafterin und Küchenleiterin Sabine Finger von der Katholischen Kita Sankt Elisabeth in Salz, die ein Tauschsystem etabliert hat, um unverpackt einkaufen zu können. Hallo Frau Finger, schön, dass ich heute bei Ihnen in der Kita sein darf. Sabine Finger (SF): Hallo Frau Fuchs. Wir freuen uns auch sehr, dass Sie da sind. JF: Frau Finger, Sie sind Hauswirtschafterin und Küchenleiterin in dieser Kita und ich weiß bereits aus Vorgesprächen, dass Sie täglich für 100 Kinder und zehn Erwachsene Essen zubereiten. Dabei ist Ihnen die Müllreduktion ein großes Anliegen. Was haben Sie denn unternommen, um den Müll in Ihrer Kita zu reduzieren? SF: Wir hatten es da sehr leicht, weil es bei uns viele regionale Anbieter gibt, die bewusst auf kurze Lieferwege setzen, um nachhaltig zu handeln. Diese Anbieter liefern uns, soweit es möglich ist, die Ware zu einem Großteil unverpackt. Das ist zum Beispiel bei Obst und Gemüse sehr gut umsetzbar; da kriegen wir unsere Produkte in Körben geliefert, die wir dann, wenn wir diese ausgeräumt und in unsere Behältnisse umverpackt haben, wieder zurückgeben. Für die Körbe verlangen die Anbieter Pfand und das wird dann wieder zurückerstattet. JF: Aha, sehr interessant. SF: Ja, wir haben auch bei Mehl, Eiern oder Kartoffeln Tauschsysteme vorliegen. Die Kartoffeln werden zum Beispiel in einem großen Sack angeliefert, die Eier in der Eierpalette, die wir wieder zurückgeben können und so weiter. Ja, das sind so die Hauptprodukte, die bei uns in Tauschbehältnissen geliefert werden. JF: Ich bin ja hier bei Ihnen in der Küche, im Vorratsraum, und sehe schon die vielen Behälter, die Sie angeschafft haben. Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, so ein Tauschsystem einzuführen? SF: Also wir haben gemerkt, dass wir die Müllproduktion einfach verringern können, wenn wir bestimmte Lebensmittel in Körben lagern, die wir zusammenlegen und platzsparend aufbewahren können – oder eben in Behältnissen wie die Eierschachteln, die wir zurückgeben können. Diesen Ansatz haben wir dann einfach weiterverfolgt. Stück für Stück. Immer mehr war machbar. Irgendwann haben wir das Mehl dann zum Beispiel in Eimern bekommen, die Kartoffeln in Kartoffelsäcken und so weiter. Dabei haben wir festgestellt, dass die Müllmenge wirklich weniger wurden und das hat uns dazu bewogen, genau da weiterzumachen und das System, soweit es geht, auszubauen. JF: Das heißt, im Prinzip haben Sie einen Fundus an Behältern, die von den Lieferanten aufgefüllt werden. Sie übernehmen diese und wenn die Ware verbraucht ist, geht sie wieder an die Lieferanten zurück. SF: Richtig. So läuft es bei uns und es läuft sehr, sehr gut. Wie Sie gerade gesagt haben, wir haben eine bestimmte Menge an Tauschbehältnissen, die nicht zu knapp bemessen sind. Wir haben gesagt, wir schaffen lieber mal eine Box mehr an, damit – wenn der Lieferant vergisst, mal eine der Boxen zurückzubringen oder wenn wir vergessen eine mitzuschicken – immer genügende Boxen zum Tauschen da sind. JF: Haben die Lieferanten bestimmte Hygiene-Kriterien, an die Sie sich halten müssen? SF: Mit unseren Lieferanten haben wir vereinbart, dass wir unsere Behältnisse selbst reinigen und diese dann auch wirklich sauber abgeben. Und wenn zum Beispiel Mehl oder so abgefüllt wird, gehe ich davon aus, dass unsere Lieferanten auch noch mal einen Blick auf die Behälter werfen und diese – falls es doch noch eine Verunreinigung geben sollte– nochmal durchspülen und erst dann die Lebensmittel abfüllen. JF: Sie haben vorhin auch erwähnt, dass der Gelbe Sack oder die Müllberge an Altpapier zurückgegangen sind. Sieht man das auch schon an den Gebühren oder der Größe der Tonnen? SF: An den Gebühren sieht man es tatsächlich noch nicht. Da sind wir im Moment dran. Wir würden gerne eine blaue Tonne [für Altpapier] abschaffen und sind derzeit am Überlegen, ob das geht oder nicht. Manchmal läuft aus dem Regelbereich einfach so viel Abfallpapier zurück, dass wir sagen, okay, wir behalten sie lieber noch mal. Definitiv abschaffen werden wir eine Biotonne, weil wir uns einen Kompost anschaffen möchten. Wir haben ein eigenes Hochbeet. Und auch die schwarze Tonne wird bei uns – also gerade von uns in der Küche – wenig bis gar nicht genutzt. JF: Hm, das ist ja schon mal was. SF: Ja, also die benutzt wirklich nur der Regelbereich, die kleinen Abfälle, die einfach aus den Bereichen kommen. Bei uns in der Küche ist eine Tüte pro Woche schon viel. Ja. JF: Wow, das ist schon einiges. SF: Ja, da haben wir schon sehr viel geschafft. JF: Was planen Sie denn noch für die Zukunft? SF: Ich sehe uns fast schon am Ende dessen, was wir umsetzen und machen können. Wir haben von Plastikflaschen auf Glasflaschen umgestellt, wir versuchen, ganz viel über Mehrwegartikel zu bestreiten und dann ist natürlich auch immer noch der Preis die entscheidende Frage. Vieles ist in der Theorie schön, aber in der Praxis leider nicht umsetzbar. Beim Geldbeutel hört es dann leider oft auf. JF: Hm, ja, das hängt wahrscheinlich auch oft mit den Abnahmemengen zusammen. SF: Richtig. JF: Sie konnten aber schon sehr viele Dinge umsetzen. Vielen Dank, Frau Finger, für die vielen Anregungen, die Sie heute gegeben haben. SF: Sehr gerne. Ich hoffe, dass sich ein Teil meinen Anregungen anschließen und etwas davon, was wir schon erreicht haben, mitnehmen kann. JF: Im Gespräch mit Frau Finger ist mir klar geworden, dass für die erfolgreiche Umsetzung einer Maßnahme zur Müllreduktion nicht nur die eigenen Ideen notwendig sind, sondern auch, dass Lieferanten diesem Konzept offen gegenüberstehen sollten. Ich bin schon sehr gespannt, was die Lieferanten meiner Kita zu unseren Änderungsvorschlägen sagen werden. In der nächsten Podcast-Episode spreche ich mit Regiomanager Christian Soldo vom Deutschen Jugendherbergswerk. Von ihm möchte ich erfahren, wie große Betriebe wie eine Jugendherberge Müllreduktionen erfolgreich umsetzen. Tschüss und bis zum nächsten Mal.