(24. November 2023) München-Feldkirchen – Gerade wegen des Klimawandels und der dramatischen Folgen in Südeuropa werde deutsches Gemüse immer mehr zur nachhaltigen Alternative zur Importware. Die zunehmende Trockenheit in Südeuropa und weiteren Ländern mache die Bedeutung von einheimischer Produktion, die zu besseren ökologischen und sozialen Standards stattfinde, nochmal besonders deutlich. Auch die kurzen Transportwege wirken sich bei deutschem Gemüse positiv auf die Klimabilanz aus. Dies müsse allerdings auch noch stärker ins Bewusstsein der Verbraucher gerückt werden. Zu dieser Einschätzung kommt die Bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber anlässlich der 58. Delegiertenversammlung deutscher Gemüseanbauer im oberbayerischen Feldkirchen bei München. "Es sollte viel mehr Gemüse aus inländischer Produktion auf den Teller kommen. Aber statt die Quote zu verbessern, geraten unsere Produzenten im Vergleich zu Importware derzeit weiter unter Druck. Wir sehen das mit Sorge. Deshalb ist Ihr Thema mehr als aktuell", so Kaniber "Der Deutsche Gemüsebau im Europäischen Wettbewerb" – so lautete nämlich das Motto der Tagung von Praktikern, Vermarktern und Experten. Die Ernährungsministerin sagte weiter: "Deutschland und damit auch Bayern zählen zu den Gunststandorten für den Anbau von Lebensmitteln, auch wegen der ökologischen Bedingungen. Gut gefüllte Regale mit Top-Produkten werden wir hierzulande aber nur behalten, wenn wir bei der Urproduktion – wie auch bei der Energieerzeugung oder der Herstellung von Arzneimitten – auf Erzeuger wie Sie vor unserer Haustür setzen." Während der Corona-Epidemie wurde viel frisches Obst und Gemüse verzehrt. Die Kunden hatten Lust am Kochen und an gesunden Produkten entdeckt. Sie kauften vermehrt vor Ort und jenseits des Discount-Sektors ein. Mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine und der schwindenden Kaufkraft hat sich diese Situation aber verändert. In den Einkaufskörben landet nun seltener frisches Obst und Gemüse und der Anteil importierter Ware nimmt zu. Der daraus entstandene Preisdruck, bei zugleich stark steigenden Kosten, macht den deutschen Gemüseanbauern zu schaffen. Die Ungleichheit im europäischen Wettbewerb zeigt sich besonders bei den Lohnkosten: Während bei der handarbeitsintensiven Erzeugung von Gemüse in Deutschland aktuell mindestens zwölf Euro pro Stunde an Lohnkosten anfallen sind dies beispielsweise in Spanien noch nicht einmal sieben Euro. Insofern lag der Fokus der diesjährigen Tagung auf der Konkurrenzsituation mit den europäischen Nachbarländern. Unter anderem ging es um die Frage, wo der heimische Gemüseanbau verglichen mit anderen Top-Produzenten aus Europa steht. Diskussionspunkt war auch die zukünftige Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und deren Bedeutung für den integrierten und den biologischen Anbau. Beleuchtet wurden zudem Themen wie Mindestlohn, Strategien für die zukünftige Energieversorgung des heimischen Gartenbaus, die hohen deutschen Sozialstandards und Qualitätskriterien im europaweiten Vergleich. "Die Verbraucher müssen den Mehrwert heimischer Lebensmittel vor Augen haben. Mit regionalem Einkauf sichern sie nicht nur Selbstversorgung und Arbeitsplätze in der Region, sie schonen gleichzeitig das Klima. Schön wäre, wenn noch viel mehr Verbraucher die Leistungen der Erzeugerinnen und Erzeuger finanziell anerkennen würden", so Ministerin Kaniber. In Bayern wird auf rund 16.000 Hektar Freilandfläche Gemüse angebaut. Im bundesweiten Vergleich steht Bayern mit einem Anteil von 16 Prozent der deutschlandweit erzeugten Gemüsemenge nach Nordrhein-Westfalen an zweiter Stelle. Die Gemüseart mit dem größten Anbauumfang im Freiland ist Spargel, gefolgt von Speisezwiebeln, Möhren und Karotten. Im geschützten Anbau – sprich unter Glas oder Folie – sind Tomaten der Spitzenreiter. Wichtige Produktionsstandorte befinden sich im Knoblauchsland (zwischen Nürnberg, Fürth und Erlangen), in Nordschwaben, an der Mainschleife rund um Kitzingen sowie in den Gunstlagen des bayerischen Gäubodens und der Münchner Schotterebene. Auch das größte deutsche Anbau- und Vermarktungszentrum für Einlegegurken befindet sich in Bayern. Dennoch liegt der Selbstversorgunggrad von Gemüse nur bei etwa 36 Prozent. Die meisten Gemüseimporte stammen aus europäischen Nachbarstaaten, wie den Niederlanden, Italien oder Spanien. Geschätzt werden in Deutschland pro Kopf etwa 119 Kilogramm Gemüse verzehrt, davon etwa 79 Kilo als Frischgemüse.
(v.li.n.re.): André Busigel, (Vorsitzender der Landesfachgruppe Gemüse im Bay. Gärtnereiverband), Günther Felßner (Präsident Bay. Bauernverband) Staatsministerin Michaela Kaniber und Christian Ufen (Vorsitzender der Bundesfachgruppe Gemüsebau i. Zentralverband Gartenbau e.V.)