(08.05.2024) München – Das Ziel von Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber ist klar: Bäuerinnen und Bauern ebenso wie die Verwaltung von Bürokratie zu entlasten. Um dies zu realisieren, hat das Landwirtschaftsministerium ein Verfahren aus vier Schritten gestartet. Am Beginn stand die Befragung von Bayerns Landwirtinnen und Landwirten. Dazu wurde von Mitte Februar bis Anfang März die bisher größte Umfrage in Geschichte des Ministeriums durchgeführt. Rund 100.000 bayerische Betriebe wurden im Rahmen der Initiative "Gemeinsam für schlankere Bürokratie" per E-Mail angeschrieben. "Es ist wichtig, dass wir nicht über die Betroffenen sprechen, sondern diese selbst zu Wort kommen lassen. Umso mehr freut es mich, dass der Berufstand das Umfrageangebot sehr engagiert angenommen hat. Mehr als 20.000 Landwirtinnen und Landwirte starteten in die Umfrage und schlussendlich konnten 13.775 Rückläufe vollständig berücksichtigt werden. Dabei mussten mehr als 102.000 Texteingaben ausgewertet werden", so die Ministerin. Das Ministerium hebt dabei die äußerst geringe Fehlerrate von nur 1,02 Prozent hervor, welche bei einem Konfidenzniveau von 99 Prozent eine sehr hohe Sicherheit dieser Stichprobe gegenüber den nicht teilnehmenden Betrieben bedeutet. Das Konfidenzniveau gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein Ergebnis korrekt ist. Zum Umfrageergebnis: 51 Prozent der teilnehmenden Haupterwerbsbetriebe gaben beispielsweise an, mindestens 4 Stunden oder mehr pro Woche aufgrund von bürokratischen Aufgaben, die nicht auf die Unternehmensführung zurückzuführen sind, am Schreibtisch zu verbringen. Zum Vergleich hierzu: 14 Prozent der Nebenerwerbsbetriebe votierten gleichlautend. Besondere Belastungen offenbarten sich in der Tierhaltung, die in den letzten Jahren parallel hierzu besonders stark vom Strukturwandel betroffen ist. Jeder zweite Teilnehmer, sei es aus dem Bereich der Mastschweine, der Zuchtsauen oder der Masthühner, sah sich ebenfalls dieser Stundenzahl im Büro ausgesetzt. Insgesamt betrachten zwei von drei Teilnehmer den Zeitaufwand als "eher hoch" oder "zu hoch". Ein weiterer Kritikpunkt mit 41 Prozent der Stimmen: Zu viel Dokumentationsaufwand. Damit verbunden, gaben 93 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie Angst vor Fehlern bei der Dokumentation ihrer Arbeit haben. Auch ein nicht unbedeutender psychologischer Belastungsfaktor für den Berufsstand, der es zusätzlich schwer macht, Nachwuchs zu finden. Im Bereich der Förderabwicklung und Antragstellung votierte jeder Dritte für Erleichterungen und Änderungen bei der komplexen Mehrfachantragstellung. Eine herausfordernde Aufgabe gleichermaßen für Politik und Verwaltung, ist der Mehrfachantrag doch die Basis für die Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für flächen- und tierbezogene Fördermaßnahmen in Bayern. Hinsichtlich der belastenden Dokumentationsverpflichtungen kristallisierten sich Schwerpunkte heraus, die im wesentlichen bundesrechtlich geregelt sind: So nannten 74 Prozent den Bereich der Düngeverordnung und -Düngebedarfsermittlung, gefolgt von 21 Prozent, die den Pflanzenschutzbereich, und 14 Prozent, die den Arzneimitteleinsatz in der Tierhaltung hervorhoben. Drei weitere genannte Punkte betreffen besonders belastende Termine: Vorgaben für das Pflugverbot, die Bearbeitungsruhe von Brachflächen und Sperrfristen bei der Düngung wurden von jedem dritten bis vierten Teilnehmer vorgebracht. Die häufigsten Nennungen entfielen hierbei auf den 15. Januar sowie den 15. Februar, die den GLÖZ-Standards und der Düngeverordnung zuzuordnen sind. GLÖZ ist die in der Fachwelt gängige Abkürzung für Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen. Oftmals sind auch diese bundesrechtlich geregelt. Fast jeder Fünfte der Befragten empfindet außerdem die Stoffstrombilanz als belastend. So mündeten diese Kritikpunkte auch in die mehr als 34.000 konkreten Vorschläge für spürbare Entlastungen auf den Höfen: Die TOP 4 der Nennungen betreffen Erleichterungen bei der Düngeplanung (22 Prozent), Aufzeichnungen vereinfachen (18 Prozent), mehr Vertrauen in den Berufstand (12 Prozent) und praxisgerechte Fristsetzungen schaffen (9 Prozent). Eine Mammutaufgabe, so das Ministerium, die Vorschläge entsprechend zu filtern und auf ihre Umsetzbarkeit hin zu prüfen. Dabei stellt es jedoch auch klar: In den Ergebnissen stecken Hausaufgaben nicht nur für Bayern, sondern auch für den Bund – Stichwort: 194 Ländervorschläge – und die EU, die ebenfalls im März eine europaweite Online-Umfrage mit 27.000 Rückmeldungen durchgeführt hatte. Wichtig sei die Transparenz im Rahmen dieser einmaligen Umfrage. Daher veröffentlicht das Ministerium in Kürze die Ergebnisse auf der eingerichteten Homepage "Gemeinsam für schlankere Bürokratie". Im nun folgenden zweiten Schritt des Verfahrens kommen Praxis und Verwaltung an einen Tisch. In einem zweitägigen Seminar im Mai sollen gemeinsame Lösungsansätze auf Basis der Angaben aus der Praxis abgeleitet werden. Die Umfrage dient dabei als Impulsgeber, um eine eindeutige Zielrichtung – durch belastbare Erkenntnisse aus der Praxis – für die bevorstehenden Beratungen zu haben.