Das bisschen Haushalt ...

Wie bewältigen Männer infolge biografischer Umbrüche, z. B. durch eine Scheidung, Verwitwung oder Pflegebedürftigkeit der Partnerin, die Organisation ihres Haushalts? Über welche Erfahrungen verfügen sie im Bereich der Haushaltstätigkeiten? Welche Unterstützung benötigen sie dabei? Mit diesen Fragen befasst sich die Studie "Das bisschen Haushalt – Bewältigungsmuster und Arrangements der Haushaltsführung geschiedener, verwitweter und pflegender Männer in der zweiten Lebenshälfte".

Aktualisiert am: 13.02.2023
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Dr. Catherina Jansen und Angelina Heumüller vom Wissenschaftlichem Zentrum für Ernährung, Lebensmittel und nachhaltige Versorgungssysteme (ELVe) haben zehn Interviews zum Thema geführt und eine umfassende Literaturrecherche betrieben. Wir haben die Ergebnisse für Sie zusammengefasst.

Ein Senior staubsaugt ein Zimmer.

Hintergrund der Studie

Haushaltstätigkeiten, wie die Wäsche- und Wohnraumpflege oder die Organisation und die Zubereitung von Mahlzeiten, sind essenziell für die Bewältigung des Alltags. Die Sicherstellung von Lebensqualität erfordert nicht nur Kompetenzen wie Flexibilität und Organisationsfähigkeit, sondern auch konkretes Fachwissen. Studien belegen, dass die Haushaltsführung in Paarbeziehungen in der Regel ungleich verteilt ist.

Im Zusammenleben erbringen oft Frauen unbezahlte, täglich wiederkehrende Aufgaben wie Kochen, Putzen, Aufräumen, Einkaufen oder Wäschewaschen. Auch wenn aktuelle Untersuchungen aufzeigen, dass sich Männer in den letzten zehn Jahren tendenziell stärker an der Hausarbeit beteiligen, kommt ihnen im traditionellen Modell der partnerschaftlichen Arbeitsteilung immer noch die Rolle des Haupterwerbsverantwortlichen zu. Im Haushalt konzentriert sich die Beteiligung eher auf die Übernahme sporadisch anfallender Aufgaben, wie z. B. Reparaturarbeiten oder die Erledigung von Finanzgeschäften.

Forschungsstand

Die Haushaltswissenschaften haben bislang nicht erforscht, was geschieht, wenn die partnerschaftlich konstruierte und möglicherweise seit Jahrzehnten ausgehandelte häusliche Arbeitsteilung von Paaren "zusammenbricht". Gerade die Situation von Männern, denen die Haushaltsorganisation infolge biografischer Umbrüche plötzlich zufällt, erscheint als blinder Fleck. Der Trend zu späten Scheidungen und eine potenziell unterschätzte Anzahl verwitweter oder pflegender Ehemänner legen jedoch nahe, dass man genau diese Zielgruppe zukünftig stärker in den Blick nehmen sollte.

Vor allem die älteren Generationen sind durch traditionelle Ehe- und Familienbilder geprägt. Hier kann man annehmen, dass Männer nur über wenige haushaltsbezogene Kompetenzen verfügen. Eigene, bislang unveröffentlichte Daten einer Studie des Zentrums ELVe (2015) zeigen, dass beispielsweise 36 Prozent der Männer in der Altersgruppe über 65 Jahren "noch nie" gekocht haben. Vor diesem Hintergrund stellt die Studie die Frage, wie Männer im höheren Lebensalter, die infolge biografischer Ereignisse ungeplant und unvorbereitet mit der Organisation eines Haushalts konfrontiert werden, die hiermit verbundenen Aufgaben bewältigen. Als typische biografische Umbrucherfahrungen werden Scheidung, Verwitwung und Krankheit bzw. Pflegebedürftigkeit der Partnerin zugrunde gelegt.

Ergebnisse der Studie

Die Literaturrecherche zeigt: Wissenschaftliche und sozialpolitische Diskurse klammern das Alltagserleben und die Haushaltsbewältigung dieser Zielgruppe oft aus. Sie nehmen ältere, alleinlebende oder pflegende Männer kaum als vulnerable Zielgruppe mit (geschlechterspezifischen) Unterstützungsbedarfen wahr. Die Forschung muss diese Parameter stärker in den Fokus nehmen, um situationsgerechte Hilfe anbieten zu können.

Senior hängt Wäsche auf einen Wäscheständer.

Die Interviews zeigen, dass alle interviewten Männer ein für sie funktionierendes Modell der Haushaltsführung schaffen konnten – unabhängig davon, welche Rollenverteilung das Paar vor dem Umbruch hatte. Die Befragten wandten dabei sehr individuelle Bewältigungsstrategien an. Gemeinsamkeiten zeigten sich bei der Inanspruchnahme von hauswirtschaftlichen Dienstleistungen für bestimmte Haushaltstätigkeiten – insbesondere für die Haushaltsreinigung, zum Teil auch für die Mahlzeitengestaltung.

Der überwiegende Anteil der Männer eignete sich infolge des Umbruchs neue Kompetenzen und Routinen in der Haushaltsführung an. Dabei griffen die Befragten zunächst auf Anleitung aus dem persönlichen (grundsätzlich weiblichen) Umfeld zurück. Hierzu gehörten zum Beispiel die Tochter, die eigene Mutter, die Ehefrau eines Freundes oder die bereits erkrankte bzw. pflegebedürftige Partnerin selbst. Sie erhielten auf diese Weise beispielsweise einen "Crashkurs im Bügeln", eine Einweisung in das Waschen von Wäsche oder in die Zubereitung einfacher Mahlzeiten. Viele der Interviewten konnten der erlebten Krise auch positive Aspekte abgewinnen, v. a. in Form von Selbstwirksamkeitserfahrungen. (Herr M: "Und dann musste ich halt lernen, wie man Kartoffeln schält, ich habe mich angestellt, also. Jetzt kann ich das fließend, blind.")

Die Etablierung eines funktionierenden Modells der Haushaltsführung setzte dabei folgende Ressourcen voraus:
  • finanzielle Mittel (um z. B. hauswirtschaftliche Dienstleistungen zu bezahlen)
  • soziale Unterstützungsstrukturen (durch Kinder, Verwandte, Freundinnen, Freunde etc.)
  • hohes Maß an Resilienz (um die Krise zu bewältigen)

Diskussion

Da die befragten Männer sowohl überwiegend gut situiert waren als auch aufgrund ihrer Berufsbiografien ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit erwarten ließen, ist bei der vorliegenden Auswahl der Interviewpartner von einer positiven Verzerrung der Studie auszugehen. Eine weiterführende Studie müsste die Zielgruppe beleuchten, die nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügt. Hierbei muss die Forschung auch betrachten, unter welchen Umständen es zu einem "Scheitern" bei der Organisation des Haushalts kommen kann.

Ein Exzerpt und Quellen zur Studie liegen am Kompetenzzentrum Hauswirtschaft vor.