Gemeinsam für eine schlankere Bürokratie

2024 packen wir das Thema Bürokratie an! Unter dem Motto "Einfach schafft Mehrwert – Gemeinsam für eine schlankere Bürokratie" haben wir in Bayern einen einzigartigen Prozess gestartet. Das Ziel: Gemeinsam mit Praktikern, Verwaltung und Verbänden Ideen und Vorschläge auf den Tisch bringen und umsetzen.

Aktualisiert am: 16.07.2024
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Fotocollage: Landwirt im Stall mit seinen Kühen und eine Hand an einem Stapel mit Akten © senivpetro/Freepik und eakrin/Freepik

Verschaffen Sie sich hier einen Überblick über das, was wir vorhaben und die nächsten Schritte. Wir halten Sie auf dieser Seite und auf unseren Social-Media-Kanälen auf dem Laufenden. Regelungen sind wichtig und richtig - ein Zuviel an Bürokratie aber belastet und lähmt! Uns ist es ein großes Anliegen, dass die Betriebsleiter wieder mehr Zeit für ihre eigentliche Arbeit im Stall und auf dem Feld haben, statt am Schreibtisch zu sitzen.

Vier Schritte zur Reduzierung der Agrarbürokratie

Vier Kreisgrafiken mit Bezeichnung Schritt 1, Schritt 2, Schritt 3 und Schritt 4

Schritt 1:

Ausschnitt einer Tastatur mit einer grünen Taste mit der Beschriftung "Umfrage" © PantherMedia / Karsten Ehlers

Landwirte-Befragung

In einem ersten Schritt wurden im Zeitraum vom 15. Februar bis 3. März 2024 rund 100.000 bayerische Landwirtinnen und Landwirte persönlich per E-Mail zur größten Online-Befragung in der Geschichte des Staatsministeriums eingeladen. Mehr als 20.000 Landwirtinnen und Landwirte haben an der Befragung teilgenommen, 13.775 vollständige Rückläufe konnten berücksichtigt werden. Insgesamt wurden über 102.000 Texteingaben ausgewertet. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit betrug ca. 15 Minuten. Hervorzuheben ist die äußerst geringe Fehlerrate von nur 1,02 Prozent, welche bei einem Konfidenzniveau von 99 Prozent eine sehr hohe Sicherheit dieser Stichprobe gegenüber den nicht teilnehmenden Betrieben bedeutet. Das Konfidenzniveau gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein Ergebnis korrekt ist.

Kernaussagen "Bürokratischer Aufwand"

  • Durchschnittliche Arbeitszeit/Woche für bürokratische Vorgaben (o. Unternehmensführung)
    • Mindestens vier Stunden oder mehr pro Woche: Jeder zweite Teilnehmer im Haupterwerb; rund jeder siebte Teilnehmer im Nebenerwerb. 
    • Belastungen in Tierhaltung (neben Strukturwandel). Jeder zweite Teilnehmer im Bereich der Mastschweine, der Zuchtsauen oder der Masthühner, verbringt die oben genannten Stundenzahl im Büro.
  • Zwei von drei Teilnehmern (Landwirte wie auch Mitarbeiter in Verwaltung!) sehen Zeitaufwand als "eher hoch" bzw. "zu hoch" an.
    • Genauere Betrachtung: Haupterwerb 67 %; Nebenerwerb 56 %.
    • Gründe: Zu viel Dokumentation (41 %), zu viele Vorschriften (29 %), zu hoher Zeitaufwand (24 %).

Kernaussagen "Aufwendigste Förderbereiche"

  • Mehrfachantrag (31 %), Agrardieselbeihilfe (25 %), KULAP (15 %) 
  • Häufige Anregungen zum Mehrfachantrag: u.a. "eher öffnen", "Programme verknüpfen" (Doppeleingaben), "nur Mitteilung von Änderungen/Daten vom Vorjahr übernehmen", "übersichtlicher gestalten".

Kernaussagen "Belastende Dokumentationen"

  • Düngethematik (74 %, davon im Haupterwerb 84 %, Nebenerwerb 63 %), Pflanzenschutzthematik (21 %), Stoffstrombilanzverordnung (17 %), Arzneimittelthematik (14 %), FAL-BY-App (7 %).
  • Häufige Anregungen zur Düngethematik: u.a. Reduzierung, Abschaffung oder Ausnahmen (Freiwilligkeit) bei der Düngebedarfsermittlung, Mehrfachantrag für Düngeplanung eher öffnen.

Kernaussagen "Belastende Termine"

  • Sperrfristen (35 %), Bodenbearbeitungszeiten (24 %), Terminvorgaben (21 %), Häufigste Datumsangaben: 15.01. und 15.02. (u.a. rote Gebiete).
  • Anregungen zu Sperrfristen: u.a. flexibler und praxisgerechter gestalten.

Kernaussagen "Bereitschaft zur Datenübermittlung"

  • 51 % der Teilnehmer wären bereit, betriebliche Daten an staatliche Stellen zu übermitteln. Herausforderung für StMELF: Ausgestaltung Agrardatenraum. 

Kernaussagen "Vorschläge für spürbare Entlastungen"

  • 34.806 verwertbare Nennungen von 13.762 Landwirten.
  • Rubriken: "Vereinfachungen in der Düngedokumentation" (22 %), "allgemeine Dokumentationen vereinfachen" (18 %), "mehr Vertrauen in Praxis“ (12 %), zur FAL-BY-App äußersten sich rund 3 %.

Kurz nach Abschluss dieser Umfrage startete die Europäische Kommission im Zeitraum vom 07.03. 08.04.2024 eine Online-Umfrage, um bei bäuerlichen Betrieben ebenfalls Vorschläge zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes abzufragen. An dieser beteiligten sich rund 27.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Schritt 2:

PantherMedia B351286534 © PantherMedia / freedomtumz

Praxis und Verwaltung an einem Tisch

In einem zweiten Schritt trafen sich am 16. und 17. Mai 2024 rund 40 Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung und Praxis zu einem Workshop: Aus den eingebrachten Ideen und Anregungen der Landwirtinnen und Landwirte wurden erste Schwerpunktthemen und konkrete Lösungsansätze zum Abbau der Agrarbürokratie - eine wirksame "Entbürokratisierungsstrategie" - entwickelt. Im Fokus standen u.a. die Düngeverordnung, belastende Termine bei der Feldbewirtschaftung und Antragstellung, Gewässerrandstreifen und Dauergrünentstehung, das Antragswesen im Mehrfachantrag sowie Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM), Zertifizierungsverfahren, die Tierhaltung und schließlich gemeinsame Kommunikationswege zwischen Praxis und Verwaltung.

Dokumentation des gemeinsamen Workshops (PDF - nicht barrierefrei) Downloadlink

Schritt 3:

PantherMedia B193558288 © PantherMedia / NewAfrica

Auswertung der Lösungsansätze

Diese erarbeiteten Lösungsansätze wurden in einem dritten Schritt dem Ministerium zur Verfügung gestellt, um Übereinstimmungen mit bereits bestehenden Lösungsansätzen feststellen bzw. gemeinsam weiterführende Ansätze identifizieren zu können.

Schritt 4:

Eine Hand schreibt AGENDA auf eine Glasfläche © PantherMedia / kchungtw

Umsetzung

Im abschließenden vierten Schritt werden die identifizierten Ansätze und Wege Schritt für Schritt umgesetzt.

Portrait Michaela Kaniber

Michaela Kaniber

Nur gemeinsam, mit den Perspektiven und Erfahrungen aller Beteiligten können wir erfolgreich sein und unser gemeinsames Ziel erreichen: Die wirksame Verschlankung der Agrarbürokratie in Bayern.
Erste Erfolge auf Landes- und Bundesebene
  • Als erste Erleichterung wird das Bayerische Landwirtschaftsministerium in diesem Jahr bereits ab Herbst ermöglichen, die Flächennutzung im System iBALIS für das kommende Jahr einzutragen. Somit kann deutlich früher überprüft werden, ob die Vorgaben der Fruchtfolge bei der Konditionalität und der Förderung eingehalten werden. Außerdem kann die geplante Flächennutzung dann auch für die Düngebedarfsermittlung genutzt werden. Die Anbauplanung nach der Ernte 2024 wird damit wesentlich erleichtert, Doppeleingaben in mehrere EDV-Systeme und Übertragungsfehler werden vermieden und auf den Betrieben wird eindeutig Zeit eingespart.
  • Die Förderung der sozialen Dorf- und Betriebshilfe wurde neu aufgestellt, wodurch seit diesem Jahr etwa 90 Prozent der bisherigen Förderanträge obsolet werden. 
  • Auch das bayerische Tierwohlprogramm BayProTier wurde überarbeitet. Künftig wird auf einen eigenen Zahlungsantrag am Ende des Verpflichtungszeitraums verzichtet, so dass nur noch jeweils vor Beginn des Verpflichtungszeitraums, spätestens am 30. Juni jedes Jahres, ein Förderantrag gestellt werden muss. 
  • Eine Kleinbetragsregelung für die EU-Agrarfördermaßnahmen der ersten Säule ermöglicht es künftig den Behörden, auf die Rückforderung jedes noch so kleinen Betrags oder jeder kleinen Zinsforderung im Wege eines bürokratischen Verfahrens verzichten zu können.
  • Beim wichtigen Anliegen "Streichung der nicht notwendigen Stoffstrombilanz" gibt es vorläufige Fortschritte zu vermelden: Ausgehend von einem Antrag Bayerns hat der Bundesrat Anfang Juli dem Düngegesetz nicht zugestimmt. Der Bund hat auf der Herbst-AMK in Oberhof endlich eingelenkt und eine Aufhebung der aktuell gültigen Stoffstrom-Bilanzverordnung in Aussicht gestellt. Ein Verfahren im Vermittlungsausschuss soll hier bald Klarheit bringen.
  • Der Nachweis als "aktiver Betriebsinhaber" bei der Beantragung von EU-Agrarzahlungen muss künftig nicht mehr jährlich erfolgen. Ein bereits vorhandener Nachweis kann weiterverwendet werden.
  • Bei Kontrollen im Bereich der Tierprämien genügt eine Ohrmarke, wenn die zweite verlorengegangen sein sollte. 
  • Eine Änderung im GAP-Konditionalitäten-Gesetz macht die Umwandlung von Dauergrünland in eine nichtlandwirtschaftliche Fläche, etwa durch Bebauung, ab nächstem Jahr im Förderrecht genehmigungsfrei.
  • Die Erleichterungen bei den einzuhaltenden Grundstandards bei der Bewirtschaftung (GLÖZ 5, 6, 7 und 8) auf EU-Ebene wurden in Deutschland umgesetzt.