(07. Juni 2022) München - Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber hat sich zur geplanten Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung folgendermaßen geäußert: „Ich bin zutiefst enttäuscht über die Vorgehensweise der Bundesregierung. Der Bund muss endlich aus dem Ankündigungsmodus herauskommen. Grundsätzlich ist die Kennzeichnung höherer Tierhaltungsstandards in der Nutztierhaltung eine gute Sache. Schon im Herbst 2019 hat die Vorgängerregierung dazu einen Gesetzentwurf eingebracht. Aber genau die Parteien, die jetzt eine gesetzliche Tierhaltungskennzeichnung einführen wollen, haben das noch Anfang Juni 2021 im Bundestag abgelehnt. Der Unterschied zu damals ist aber, dass sie jetzt verpflichtend sein soll. Das kann aber nur funktionieren, wenn auch damit eine obligatorische Herkunftskennzeichnung einhergeht. Mit dem heute vorgestellten Entwurf werden unsere deutschen Nutztierhalter maximal diskriminiert und im europäischen Wettbewerb benachteiligt. Durch die verpflichtende Kennzeichnung erhalten sie neue Auflagen, die aber für den Import von Schweinefleisch aus dem europäischen Binnenland eben nicht gelten. Die Bundesregierung nimmt sehenden Auges in Kauf, dass dadurch für Ware, die nicht nach den deutschen Standards erzeugt wird, Tür und Tor geöffnet wird. Gerade unsere klein- und mittelständisch strukturierte Landwirtschaft in Bayern, die oft sowieso mit höheren Kosten zu kämpfen hat, wird von der Ampelkoalition damit besonders benachteiligt. Das bringt auch den Schweinemarkt, der eh schon unter Druck ist, weiter in Bedrängnis. Der Bund darf auch das Pferd nicht von hinten her aufzäumen. Zunächst muss er die Grundlagen für neue Tierwohlställe schaffen. Dafür braucht es erst mal Änderungen im Bau- und Immissionsschutzrecht. Die deutsche Bundesregierung hat offenbar kein Herz für die Nutztierhaltung. Außerdem ist anscheinend auch die Finanzierung noch nicht geklärt. Die Bundesregierung will eine Anschubfinanzierung zum Stallbau von einer Milliarde Euro für die nächsten vier Jahre auf den Weg bringen. Die Borchert-Kommission hat aber ausgerechnet, dass rund vier Milliarden Euro pro Jahr benötigt werden, um den Umbau der Nutztierhaltung zum mehr Tierwohl zu schaffen. Ganz offensichtlich findet die Ampel-Regierung hier keinen Weg der Einigung. Der FDP den Ball zuzuschieben, ist keine seriöse Lösung. Wenn Cem Özdemir ernsthaft für die Tierhalterinnen und Tierhalter kämpfen würde, hätte er schon längst im Vorab gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister die Finanzierung geklärt. Denn der Markt allein kann diese mächtige Aufgabe nicht regeln. Wir dürfen unsere Landwirtinnen und Landwirte hier nicht alleine lassen. Jeder in der Wertschöpfungskette muss sich an der Finanzierung beteiligten: die Erzeuger, die Verarbeiter, der Handel, die Verbraucher, aber auch die Politik. Wir in Bayern gehen diesen Weg bereits. Wir können und wollen bei der Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung nicht mehr auf die Bundesregierung warten. Mit unserem Bayerischen Tierwohlprogramm BayProTier übernehmen wir einen großen Teil der Mehrkosten, die durch mehr Tierwohl in den Stallungen entstehen. Zudem unterstützen wir die Stallbauten mit unserem Agrarinvestitions-Förderprogramm zu dem maximal möglichen Fördersatz von 40 Prozent. Damit geben wir den Betrieben eine Perspektive und sichern Existenzen.“